In der heutigen Zusammensetzung tagt der Stiftungsrat womöglich zum letzten Mal, könnte es nach der Nationalratswahl doch zu einem Austausch des einen oder anderen Mitglieds im obersten Aufsichtsgremium des ORF kommen. Wobei im heutigen Plenum keine Weichenstellungen zu erwarten sind, spannend wird die erste Stiftungsratssitzung nach den Nationalratswahlen (12. Dezember). Ein Blick in die Tagesordnung sieht nach glatter See aus: So wird über das Qualitätssicherungssystem des ORF berichtet, ein Statusbericht über den Medienstandort Küniglberg vorgelegt (Bauarbeiten und Kostenplan der Neubauten für Ö 1 und Ö 3 sowie den multimedialen Newsroom) und der Programmausschuss rekapituliert.
Dass bei der Fernsehwerbung heuer mit einem Minus von 8,8 Millionen Euro zu rechnen ist, ist für die Stiftungsräte keine Überraschung. Die „Zündschnur“ lauert im letzten Tagesordnungspunkt „Allfälliges“. Da könnte Generaldirektor Alexander Wrabetz aufgefordert werden, seine Lösung in der Causa Roland Brunhofer zu präsentieren – da der Konflikt einerseits dem Ansehen des Unternehmens schadet und anderseits „bestimmte Stiftungsräte und politisches Personal“, so ein Insider, nicht vor Gericht als Zeugen geladen werden wollen.
Der ehemalige Direktor des Landesstudios Salzburg hat zwei Verfahren gegenüber dem ORF anhängig: Das eine wendet sich vor der Medienbehörde KommAustria gegen die Bestellung von GerhardKoch zum Landesdirektor Steiermark – hierzu wird Brunhofers Anwalt eben Stiftungsräte als Zeugen beantragen; wobei sich das Verfahren freilich nicht gegen die Person Koch, sondern die Verletzung des ORF-Gesetzes wendet. Das andere klagt vor dem Arbeitsgericht die Einhaltung von Zusagen seitens Wrabetz bzw. noch ausständige Gehaltsbestandteile und eine dem Dienstvertrag entsprechende Funktion ein.
„Dass ein leitender Mitarbeiter den ORF verklagen muss, um arbeiten zu dürfen, ist doch Fasching“, sagt ein Stiftungsrat hinter vorgehaltener Hand und kann dabei nicht lachen. Der rot punzierte Brunhofer will kein „weißer Elefant“ sein, Wrabetz wiederum sprach vor dem letzten Plenum im Juni von „Unter-Druck-Setzungs-Maßnahmen“, versprach aber, er werde es „schon hinbekommen“.
Noch im Sommer 2016 hat der ORF-Boss in einem Interview mit dem Magazin „profil“ jedenfalls bezüglich Brunhofer konstatiert: „Der Salzburger Landesdirektor ist einer der erfolgreichsten Landesdirektoren in der Geschichte des ORF. Er ist sein Geld mehr als wert.“ In seiner Salzburg-Ära hat Brunhofer die Landesstudiokosten um 32 Prozent gesenkt, das Erfolgsformat „9 Plätze – 9 Schätze“ erfunden und war der Ideengeber für das mobile Frühfernsehen, das täglich aus einer anderen Gemeinde gesendet wird.
Was Zukunftsstrategien betrifft, bekräftigte Wrabetz kürzlich vor dem Publikumsrat die Forderung der Streichung der Sieben-Tage-Beschränkung in der TVthek; Inhalte im künftigen ORF-Player müssten zumindest ein Jahr zugänglich bleiben. „Hier ist der österreichische Gesetzgeber gefordert, international entsprechend nachzuziehen.“ Teil des ORF-Players soll auch ein Modul namens „Open Space“ werden –eine „offene Video-Plattform für kreative Amateure, Profis und Talente“, die vom ORF kuratiert wird.