Es ist eine Narrationsmaschinerie, auf die selbst Hollywood neidisch sein könnte: Sportereignisse mit ihrer ewigen Frage nach Sieg oder Niederlage, wo langfristig der gewinnt, der die bessere Geschichte zu erzählen hat. Immer das Gleiche, nie dasselbe. So unterhaltsam – und es ist mehr als Unterhaltung – der Blick auf die Sportbühne ist, so spannend sind die Abläufe hinter den Kulissen: Insbesondere Fußball-Dokus stoßen auf reges Interesse, indem Einblicke in den Vereinsalltag versprochen oder die Geschichten von Kickern wie Toni Kroos oder, aktuell im Kino, Diego Maradona nacherzählt werden. Das gefällt den Fans; den Spielern nicht immer: Fußballer John O’Shea gab zu Protokoll, 99 Prozent seiner Sunderland-Kollegen seien gegen das Netflix-Projekt „Sunderland ’Til I Die“ gewesen. Gedreht wurde trotzdem.
Man darf sich von solchen Dokus aber auch nicht allzu viel erwarten, wie das jüngste Beispiel „Inside Borussia Dortmund“ (ab heute ist Folge vier zu sehen) demonstriert. Zu 80 Prozent besteht die Serie aus Interviews und Einblicken, die für aufmerksame Beobachter keine neuen Erkenntnisse bringen. Es ist eher eine scheinbare Nähe, die dieses „Inside“ suggeriert. Nur wenn Trainer Lucien Fabre oder Sportmanager Matthias Sammer ein bisschen hinter die Kulissen schauen lassen, wird es wirklich spannend. Es ist klar, dass solcherlei Dokus eher Fan-Service als journalistische Formate sind.
Natürlich hat der Fußballverein Kontrolle über das Gezeigte, wirklich Kontroversielles oder die innersten Macht-Mechanismen im Klub werden naturgemäß ausgeblendet. „Inside Borussia Dortmund“ punktet zwar mit schön gestalteten Abschnitten über die spannende Historie und wundervollen Anekdoten. Aber letztlich ist das Teil einer gefinkelten Irreführung: Auch die Borussen-Doku ist selbstverständlich ein Marketing-Instrument für einen Klub, der gern im Konzert der Großen mitspielen möchte. Und sei es auch bei der Message Control.
Spiel, Satz und Niederlage
"Sunderland ’Til i Die": Die Realität hält sich nicht an ein Drehbuch: Mit dieser bitteren Erkenntnis muss der englische Klub Sunderland AFC leben, der sich ein Jahr lang für Netflix begleiten ließ. Der angepeilte Ligaaufstieg wurde spektakulär verfehlt. Da mag es ein geringer Trost gewesen sein, dass immerhin die achtteilige Miniserie zum Erfolg wurde. Eine Geschichte aus dem Innersten des Arbeitervereins, ohne Marketing-Schmäh.
Was auf ein WM-Tor folgt
"Being Mario Götze": Bevor er den BVB vor die Linse nahm, widmete Filmemacher Aljoscha Pause („Trainer!“) Mario Götze ein bemerkenswertes Glanz-Porträt für den Streamingdienst Dazn. Was macht es mit einem Fußballer, wenn er mit 22 das entscheidende Tor eines WM-Finales schießt? Und: Würde man mit ihm tauschen wollen? Ein nuanciert aufgebautes Werk, das dem sportlichen Erwartungsirrwitz ein Gesicht gibt.
„Grizou“, vom Tal zum Gipfel
"Antoine Griezmann": Stattliche 120 Millionen Euro war dem FC Barcelona die Verpflichtung von Antoine Griezmann im Sommer wert. Wie steinig der Weg des Franzosen zur Weltkarriere war, beschreibt diese Netflix-Doku (2019) mit Pathos-Untertitel („Eine Legende wird geboren“). Acht Probetrainings blieben in der Jugend erfolglos, niemand wollte ihn. Zu schwach, zu schmächtig, zu langsam. Und dann schaffte er es doch: klassische Sport-Helden-Geschichte.
Abseits des Fußballfeldes
"The Real Football Factories": Gewalt, Alkohol, Fanatismus: Vor 15 Jahren sorgte Nick Love mit diesem Hooligan-Spielfilm für Aufsehen. Der auf einem Roman von John King beruhende Streifen erzählt vom unbelehrbaren Tommy, der sich gemeinsam mit seinen Kumpels mit anderen „Fans“ zu Schlägereien verabredet. Das ist nichts für Zartbesaitete: eine Auseinandersetzung mit sinnloser Gewalt als Milieustudie ohne Happy End. Zu sehen auf Netflix.
Mehr als nur ein Kick
"This Is Football": Eine Liebeserklärung an den Fußball als globales Phänomen. Die sechsteilige Amazon-Reihe erklärt die Welt anhand des runden Leders. Das führt von Barcelona bis Ruanda, von indischen Mädchenteams zu britischem Blindenfußball. Wer einen weniger positiven Blick auf den Fußball sucht, dem ist mit „Planet Fifa“ gedient: ein Blick auf einen einst kleinen Verein, der zum Milliardenimperium mit Korruption-Image wurde.