Tobias Pötzelsberger: Ich halte die Interviewanordnung ja eigentlich für einen Irrtum. Ich gehöre auf Ihre Seite, zu den Reportern.
Das gehört jetzt wohl zu ihrem Beruf dazu. Kurz vor Beginn der „Sommergespräche“. Wie groß ist der Druck?
Es ist eine wichtige Sendung, aber es macht im Grunde keinen wesentlichen Unterschied, ob 100.000 oder 500.000 Zuseher dabei sind. Denn du musst dich immer gleich gut vorbereiten. Ich bin immer demselben ORF-Gesetz und den Zusehern verpflichtet. Weil es aber nicht das erste Live-Interview für mich ist, empfinde ich den großen Druck nicht.
Im Vorjahr wurden die Sommergespräche von einer Zweier-Paarung geleitet. Waren Sie immer für eine Einser-Lösung?
Beides kann seinen Reiz haben. Hans (Bürger) und Nadja (Bernhard) kennen sich sehr gut, in so einer Kombination kann man das jedenfalls machen. Es hat aber natürlich auch seine Tücken. Etwa, wenn dein Partner gerade einen ganz anderen Gedanken hat.
Ist es Ihnen solo lieber?
Ich kenne es so aus meinen Radio-Livemoderationen. Eine Stunde, oft mit zwei Gästen und Anrufern: Da wurde ich es gewohnt, dass ich das Gespräch allein steuere.
Sie moderierten die „Mittagszeit“ im ORF-Radio Salzburg. Ist das eine gute Schule?
Extrem. Radio hat mich geprägt, mein ganzes journalistisches Werkzeug habe ich dort gelernt. Wenn du jeden Tag mit zwei Stunden Vorbereitung zu einem tagesaktuellen Thema diskutieren musst. Und natürlich schimpft da manchmal jemand am Telefon daher. Da musst du dir überlegen wenn dir ein Anrufer sagt: „Der Gast im Studio ist ja ein wahnsinniger, was der sagt ist ja ein Blödsinn .“ Darauf muss man in der Sekunde reagieren können. Das stählt dich.
Wie bereiten Sie sich auf die „Sommergespräche“ vor?
Einen Teil muss man einfach passieren lassen. Wie in einem echten Gespräch. Actio und Reactio. Ich will mich nicht in einen Fragenkatalog einsperren, schreibe mir nur Stichwörter und wichtige Zahlen auf. Wichtig ist, dass du im Background alles hast: von Klimaschutz bis Parteispenden, alles im Detail weißt und abrufen kannst. Darauf bereite ich mich vor: Ich lese den ganzen Tag, bis mir der Kopf raucht, schaue alle ZiBs, lese alle Zeitungen und habe in den letzten Wochen kein Ö 1-Journal verpasst. Das ist der Hintergrund. Im Vordergrund muss dann dein Gegenüber sein, dass Gespräch mit ihm oder ihr. Wenn es witzig, darf man auch den Witz sein lassen. Man soll sich nicht einsperren.
Nach der Ibiza-Affäre sind sie als TV-Star gehandelt worden..
.. ich bin kein Star. Ich bin Journalist und Reporter, der seinen Job sehr gerne macht und die glückliche Fügung erlebt hat, an diesem Tag da zu sein. Das war ein Zufall, der Dienstplan wird schon lange vorher geplant. Ich habe in ein tiefes Wasser springen dürfen und habe darin schwimmen können. Stars sind andere. Ein Star war der Niki Lauda, ein Star ist der David Alaba. Ich bin just another Fernsehmoderator.
Wie würden Sie Ihren Interviewstil einordnen? Gibt es Vorbilder?
Meine Interviews würde ich als freundlich insistierend bezeichnen. Vorbilder in dem Sinn gibt es nicht, aber Inspiration finde ich in Robert Hochner, Caren Miosga, Claus Kleber und dem Armin (Wolf) natürlich, außerdem Tarek Leitner, sehr guter Kollege.
Traditionell hat auch das Private der Kandidaten seinen Platz in den Sommergesprächen. Wie werden Sie es anlegen?
Ein bisschen. Und was heißt schon privat? Das Persönliche hat durchaus Platz, das tut der Sendung gut und interessiert die Menschen auch. Privates sollte privat bleiben.
Auch Sie selbst bemühen sich, wenig Privates preiszugeben, auch in den Sozialen Netzwerken Sie nur im „Empfangs-Modus“. Eine Homestory mit Tobias Pötzelsberger wird es nicht geben?
Nein, weil ich finde, das ist irrelevant. Ich lese zum Beispiel sehr gerne und viel auf Twitter. Aber ich schreibe nicht, dazu fehlen mir einfach die zeitlichen Kapazitäten. Das geht sich für mich nicht aus.
Das Internet verkürzt die Feedback-Schleife auf ein Minimum. Ist Ihre Haut dick genug?
Das ist eine Probe für meine dicke Haut, ganz gewiss. Ich war noch nie in der Situation und ich gehe davon aus, dass der Sympathiewettbewerb dann Grenzen kennt. Wenn man Politikern kritische Fragen stellt, wird es auch dazu kommen, dass Sympathisanten dieser Politiker dies nicht als angenehm empfinden. Dafür werde ich aber nicht bezahlt und das war auch nie meine Jobauffassung. Es wird Kritik geben. Und wenn dann auf Twitter steht, „Tobias Pötzelsberger, du bist ein Versager“, dann werde ich damit auch umgehen können.
Gab es Tage, an denen sie den 18. Mai verflucht haben? Die Aufmerksamkeit um ihre Person hat ihr Leben wohl ein wenig komplizierter gemacht.
Mein Leben ist super (lacht). Nein, natürlich ist das Leben anders und für ein paar Wochen aufregender geworden. Wir wissen alle, wie diese Dinge funktioniert. Sie haben eine Dynamik, eine Konjunktur. Nach dieser Berichterstattung sind zum Glück auch meine lieben Kollegen Simone Stribl und Matthias Westhoff in der Aufmerksamkeit gestanden – völlig zu Recht. Aber das schwimmt dann wieder nach unten und ich mache mir keinen Kopf. Es wird auch wieder weniger werden.
Notfalls bleibt immer noch die Musik: Wie geht es mit Ihrer Band „The More or The Less“ weiter?
Endlich die wichtigen Fragen (lacht). Ich habe zum Glück schon vor Ibiza 12-13 neue Lieder geschrieben. Ich habe schon zwei Alben gemacht und ich will eine Trilogie, unbedingt! Das ist mir ganz wichtig. Das werden wir nach den Sommergesprächen machen.
In Amerika geht der Trend seit Jahren in Richtung Infotainment. Würde Sie das reizen?
Ich bin gar nicht so lustig - wie ich tue. Nein, ich will ernsthaften Nachrichtenjournalismus betreiben und Witzchen mache ich gerne, aber lieber vor und nach der Sendung.