Herr Draxler, es sind Ihre letzten Tage als Landesdirektor des ORF Steiermark. Was bringt die Zukunft?
Gerhard Draxler: Ich habe vor mir einen großen freien Möglichkeitsraum. Im Journalismus würde man sagen, ein großes unbeschriebenes Blatt. Ich bin völlig offen und völlig frei, es gibt keine Verpflichtungen mehr in diesem neuen Lebensabschnitt. Ich habe in den letzten Jahren ein Drittel meiner Mitarbeiter in die Pension begleitet, jetzt bin ich dran.
Grund für den frühzeitigen Abschied war der Gesundheitszustand Ihrer Schwiegermutter?
Gerhard Draxler: Sie lebt in London, ist 91 und es geht ihr nicht so gut. Das wollte ich meiner Frau nicht länger zumuten, dass sie sich darum alleine kümmern muss. Bevor das zu einer Belastung geworden wäre, habe ich mich für die Familie entschieden.
Was lassen Sie gerne zurück, was werden Sie vermissen?
Gerhard Draxler: Es gibt das Projekt „Facing Nations“, das sich zu einem Schlüsselprojekt meiner Laufbahn entwickelt hat. Es war immer mein Credo, den Menschen in den Mittelpunkt der Berichterstattung zu stellen. Im Sinne der Menschenrechte, unabhängig ob alt oder jung, Mann oder Frau, sozialer Status oder Religion. Das ist das Thema einer gerechten, solidarischen Gesellschaft. Da werde ich mich sicher künftig einbringen, weil sich die Gesellschaften verhärten, es wird auch in aufgeklärten Demokratien enger – Stichwort illiberale Demokratie. Das ist ein Punkt, der mich sicher beschäftigen wird.
Wie bewerten Sie aktuelle Debatten und Angriffe auf den ORF?
Gerhard Draxler: Um das an einem Namen dingfest zu machen: Armin Wolf ist ein Leuchtturm im Meer der Fake News. Er ist ein aktiver Journalist, an dem das Ganze anbrandet, er sendet Signale aus und sorgt für Orientierung. Wenn es den Armin Wolf nicht gäbe, müsste man ihn erfinden und Österreich bräuchte zehn Armin Wölfe.
Sie waren unter ORF-Generaldirektorin Monika Lindner Informationsdirektor, haben dort Versuche politischer Einflussnahme hautnah miterlebt. Was hat sich seither verändert?
Gerhard Draxler: Die versuchte Einflussnahme hat es schon immer gegeben. Da darf man nicht wehleidig sein: Das gehört zu einer Diskussionskultur. Was nicht geht: Intervention oder Versuche, Journalisten zu korrumpieren. Die fünf Jahre als Informationsdirektor waren sicher die härtesten journalistischen Jahre für mich, weil dort dieser Druck 24 Stunden und sieben Tage die Woche vorhanden ist.
Welchen Rat geben Sie Ihrem Nachfolger Gerhard Koch mit auf den Weg?
Gerhard Draxler: Gerhard Koch ist ein exzellenter Journalist, der Land und Leute kennt und mit allen kommunizieren kann und über gute Anbindungen verfügt. Er hat alle Voraussetzungen, diese Position zu übernehmen. Seine Handschrift wird man im Landesstudio merken.