"Game of Thrones" war immer dann am besten, wenn es sich Zeit nahm, sich seinen Charakteren zu widmen. Keine Schlacht war so beeindruckend wie die Interaktionen zwischen Cersei, Davos, Tywin, Tyrion, dem Hound, Jaime, Danerys, Jon, Arya und all den anderen, die sich im Lauf von sieben Staffeln ergaben. Leider geriet diese Stärke der Serie in den späteren Staffeln ein wenig ins Hintertreffen. Eine Schwäche, die man offenbar erkannt hat, und nun noch einmal kräftig gegensteuert. Wer den Big Clash zwischen der Armee der Untoten und den Menschen erwartet hat, wurde auch von Episode 2 der finalen Staffel enttäuscht.
Die Folge begleitet die Charaktere in Winterfell und ihre Vorbereitungen auf die unmittelbar bevorstehende Schlacht. Wie gehen die Figuren mit dem Umstand um, dass dies höchstwahrscheinlich ihre letzte Nacht sein wird? Das Drehbuch bemüht sich dabei nicht um besonders originelle Lösungen, sondern profitiert von der Tiefe der Figuren, um hier Spannung und empfindsame Momente zu erzeugen.
Die Ankunft von Jaime Lannister und die Nachricht, dass seine Schwester Cersei niemals vorhatte, ihre Armee nach Norden zu schicken, wird recht schnell abgehandelt. In der Vorschau auf die Episode hatte HBO noch suggeriert, als wären die Wiederbegegnungen zwischen Jaime und Bran, zwischen Danerys und dem "Kingslayer" das große Thema der Folge. Dem ist zum Glück nicht so: Weil Brienne of Tarth für Jamie einsteht und Bran nicht mehr Bran ist, sondern eben der Three-Eyed Raven ist die Sache schnell erledigt. Man hat auch Wichtigeres zu tun. Der Nachtkönig steht vor der Tür.So kann sich die Episode ganz den Charakteren und ihrem Umgang mit dem Tod widmen. Jaime und Tyrion erinnern sich nostalgisch an unbeschwerte Zeiten, als der erste noch der strahlende Löwe und zweiterer ein "Hurenbock" war. Greyworm eröffnet Missandei, dass er nach den Kämpfen auf keinen Fall in Westeros bleiben möchte, weil dies einfach kein Land für sie sei. Die drei letzten Brüder der Nachtwache stehen noch einmal gemeinsam auf einer Mauer und machen ihre liebevollen Scherze. Die stets sehr selbstbewusste Arya möchte ausprobieren, was denn dran sei am Sex. Und, so ganz nebenbei wird enthüllt, was der Night King denn konkret im Schilde führt, und welcher der Figuren er unbedingt habhaft werden möchte.
Rückkehr zu den Stärken der Fantasy-Serie
Die vielen Dialoge und Gruppenszenen sind wunderbar geschrieben. Am schönsten ist natürlich die Szene, in der die unterschiedlichen Figuren am Feuer in der großen Halle von Winterfell zusammensitzen und gemeinsam trinken. Jamie, Tyrion, Podrick, Giantsbean, Brienne und Davos wärmen sich nicht nur am Feuer, sondern auch an ihrer Schicksalsgemeinschaft. Der Höhepunkt der Szene ist, als sich Jamie bei Brienne revanchiert: Als Ritter darf er selbst andere Ritter ernennen. Er schlägt die Reckin (in die er längst verliebt scheint) zur ersten Ritterin von Westeros. "Knight of the Seven Kingdoms" ist auch der Titel von Episode 2, die wieder mit knapp unter einer Stunde Laufzeit auskommt.
Ab nächster Woche werden die Folge Überlänge haben, es ist zu erwarten, dass sich Folge 3 wohl ganz der Schlacht um Winterfell widmet. Kings Landing und Cersei werden wohl wie auch in Folge 2 keine Rolle spielen, was dort passiert, ist derzeit ja auch nur marginal interessant.
Obwohl nun der Kampf ansteht, schwelen einige Konflikte. Wie man den neu aufkeimenden zwischen dem Pärchen Jon und Dany löst, wird ein spannender Nebenschauplatz in einer wahrscheinlich spektakulär umgesetzten Schlacht. Hier der Trailer von Episode 3, der unglaublich wenig verrät.
Fazit: Episode 2 ist wesentlich stärker als der Staffelauftakt letzte Woche, weil man sich ganz den Figuren widmet, die einem im Lauf der Jahre ans Herz gewachsen sind und sich ansieht, wie diese auf die unmittelbare Bedrohung reagieren. Es ist wahrscheinlich die letzte Verschnaufpause, bevor ab Episode 3 die Winterstürme erst recht entfesselt werden.
"Game of Thrones" läuft auf Sky Atlantic und ist über Sky und Amazon Prime abrufbar.