Das Elevate ist in seinem Kern angekommen: Dem diesjährigen Festivalmotto „Truth“ folgend, klopfte die Diskursmaschinerie am zweiten Tag nicht nur die Wahrheit, sondern auch den nicht selten steinigen Weg dorthin ab. Zu Beginn lag es an Peter Strasser mit seinem Eröffnungsvortrag, den Boden für den Diskurs zu bereiten. Der Grazer Philosoph ortet einen Kreislauf, in dem sich Fiktion und Fakten nicht mehr unterscheiden lassen. Bedrängt werde die Wahrheit unter anderem durch einen „Bauchgefühl“-Mystizismus, „eine modische Form ds Irrationalismus“, aber auch von humanwissenschaftlichem Relativismus. Um Fake News entgegentreten zu können, müsse „die Wahrheit wieder in ihr Recht gesetzt werden“.
Begrifflichkeiten wie Postfaktizität oder alternative Fakten begegnet Strasser mit Skepsis. Und neu seien sie auch nicht: „Schon immer wurde Politik gemacht, indem Tatsachen verschwiegen und verzerrt, Lügen und falsche Anschuldigungen verbreitet wurden.“ Zum Abschluss gab Strasser dem Auditorium im Forum Stadtpark eine gute und eine schlechte Nachricht mit auf den Weg: „Diese Rede vom Postfaktischen ist übernächstes Jahr verschwunden.“ Er sei eine Modeterminologie. Was aber bleibt, sind das Phänomen und „diese Ödnis, der Grant, dass wir keine tiefen Ideen mehr haben“.
Die erste Diskussionsrunde war dem Investigativjournalismus gewidmet: Dieses risiko- und ressourcenintensive Tätigkeitsfeld wird gern als eine der zukunftstauglichen Antworten auf Fake News formuliert. Als Herausforderung gelte speziell die Finanzierung, waren sich JuliaHerrnböck und FlorianSkrabal (beide „Dossier“) mit der slowenischen Datenjournalistin AnuškaDelić einig. Hierzulande laboriere man zudem an einem Spezifikum: Durch das Festhalten am Amtsgeheimnis ist Österreich in Europa zu einer Insel geworden, auf der investigativer Journalismus schwierig zu bewerkstelligen sei. Nicht zu unterschätzen ist auch der Sicherheitsaspekt: Die Ermordungen von Ján Kuciak in der Slowakei und Daphne Caruana Galizia auf Malta führten die bittere Gefahr vor Augen, der Journalisten auch in Europa ausgesetzt sind. Für „Dossier“-Gründer Skrabal zählen Einschüchterungsversuche zum Alltag: „Wenn ich Drohungen bekomme, weiß ich, dass ich auf einer guten Spur bin.“
Verfolgen Sie auf der Elevate-Homepage oder hier die Diskussionen im Rahmen des Festivals:
Ein Dacapo gab es schließlich in einem weiteren Diskussionsformat: Schon vor zehn Jahren – damals lautete das Festivalmotto „Elevate the Crisis“ – debattierte „Presse“-Journalistin AnnelieseRohrer über die Krise der Medien. Gestern saß sie im Forum mit Klaus Unterberger (ORF), Judith Denkmayr („Quo Vadis Veritas“), dem „Dossier“-Duo Herrnböck und Skrabal sowie Moderatorin ClaudiaGarád (Wikimedia) auf dem Podium.
„Es gibt keine Branche, die sich in den letzten Jahrzehnten so in den Untergang geredet hat wie jene der Journalisten“, versuchte Rohrer die aktuellen Krisendevisen in der Medienlandschaft zu relativieren. Unterberger wiederum ortete eine ernst zu nehmende Gefahr für die Demokratie – auch durch die steigende Zahl sogenannter „Informationsvermeider“, die sich von Nachrichten bewusst abschirmen. Zudem warnte der Public-Value-Verantwortliche des ORF vor politischer Einflussnahme.
Abgerundet wurde der intensiv-konstruktive Diskursmarathon unter der Moderation von Kleine-Zeitung-Redakteurin Julia Schafferhofer im Kunsthaus: Wolfgang Bogensberger (EU-Kommission), Journalist Jan Molá(c)ek, Datenschutzaktivist Thomas Lohninger und Journalistin Barbara Wimmer erörterten gemeinsam die politische Dimension von Fake News.