Das ist Planwirtschaft: Da gibt es einen in der Mitte, der alles weiß und alles kann“, beschreibt Viktor Mayer-Schönberger, Professor in Oxford, die Marktmacht von Jeff Bezos' Online-Händlers Amazon. Das Unternehmen entwickelt sich kontinuierlich zu einem Alleskönner, ist zugleich Händler, Versicherer, Supermarktkette, Streaminganbieter und vieles mehr. Kern des Geschäftsmodells ist ein gigantisches Datenarchiv, dass sich aus dem Konsumverhalten der Kunden speist.
Das „Prinzip Amazon“ zu erklären, haben sich die beiden Regisseure Martin Herzog und Marko Rösseler zur Aufgabe gemacht. In der Dokumentation „Allmacht Amazon“ (Sonntag, ORF 2, 23.05 Uhr) blicken sie hinter die Kulissen des Internetgiganten und zeigen die Schattenseiten auf. Eine Erkenntnis: Jeder einzelne Klick auf einer Amazon-Seite generiert Datenmengen, die eine A4-Seite füllen. Daraus ergibt sich eine persönliche Bibliothek an Informationen, die klug verknüpft ein detailliertes und treffsicheres Persönlichkeitsprofil entstehen lassen. Dies lässt Amazon mitunter von einer Schwangerschaft wissen noch bevor die werdende Mutter davon weiß. Der Online-Händler will alles wissen, was ihm hilft, sein Angebot noch schneller und zielgerichteter adressieren zu können.
„Wir haben es mit einer Feuerwalze zu tun, die man ganz deutlich am Horizont sieht“ warnt Gerrit Heinemann, Handelsexperte von der Universität Niederrhein. Die Folge wären Lehrstände in den Innenstädten und eine Marktkonzentration, die Amazon die Macht gibt, Preise und Bedingungen zu bestimmen. Der Wandel im Handel sei verschlafen worden, funktioniere vielerorts noch immer wie im Mittelalter, sagt Heinemann in der Doku: „Es gibt viele Klein- und Mittelstädte, wo wir vielleicht noch Versorgungsfunktion für den täglich Bedarf haben, aber eigentlich nicht mehr richtig einkaufen können.“