Ein lieber Kollege aus dem TV- & Medien-Ressort fragte mich, ob ich denn eine Folge "Dschungelcamp" bilanzieren will. "Wollen" ist ein recht großes Wort, doch ich verwehrte ihm diesen Wunsch nicht - obgleich auch in mir nach etwa zehn Minuten (ähnlich den Kandidaten) die Frage keimte: "Wo bin ich hier nur hineingeraten?"
Die Lebensbeichte
Tag vier der bereits 13. Auflage von "Ich bin ein Star - holt mich hier raus" rückt zunächst ganz Bastian (Yotta) in den Fokus. Der von der Süddeutschen zum "Prollkönig" Gekrönte bewies, dass Muskeln und Gefühlswallungen nicht unbedingt ein Widerspruch sein müssen und legte drehbuchgerecht Tränenkanal und Seele offen: Sein Weg war ein steiniger, dorniger, unsteter - das australische Unterholz kommt da gerade recht für eine geschmeidige Lebensbeichte. "Down under" - aber ganz, ganz "down", bitte.
Am Schicksal beinahe verzweifelt, zurückgekämpft, wieder umgefallen, am Unterboden gewesen, dann, nach der Erleuchtung, wieder oben (Frage: Warum sitzt er dann jetzt den australischen Dschungel aus?) "Mein Opa hat immer darunter gelitten, dass die Leute nicht gesehen haben, wie ich als Mensch bin", lässt er die Welt wissen. Dieser Mann will gewinnen, da muss man eben ordentlich auftischen. Gedrückt werden Tränen und Trizeps. Er wäre jetzt "stolz auf ihn". Der Opa. Glaubt Bastian. Interesse an seinen Ausführungen täuscht Felix (van Deventer) vor, der "GZSZ"-Darsteller, der im Dschungel eher nur noch die schlechten Zeiten erlebt. Immerhin sieht er aktuell Vaterfreuden entgegen.
Tiefe Einblicke gibt auch die ehemalige Kopulations-Streifen-Darstellerin Sibylle (Rauch). Sie erzählt offenherzig von ihrer Oberweiten-Expansion, vom unerbittlichen Pornogeschäft, von den zwischendurch doch lukrativen Jahren im Metier, in denen trotzdem immer "Hollywood in ihrem Kopf" war. Das ging sich nicht ganz aus, wie auch bei den anderen hier im Biotop. Porno macht keinen Spaß. Dafür wird während der Sendung sehr ungeniert Produktplatzierung eingeblendet: "Davon träumen Sie im Dschungel. Bohnen von Iglo." Nein, die Träume kommen erst nach der Sendung. Aber keine guten. Vielleicht hilft da das "Abführmittel in Zäpfchenform", das im Werbeblock völlig zu Recht feilgeboten wird.
Nicht einfach haben es auch Evelyn (Burdecki) und Domenico (de Cicco). Einst fanden sie sich in der Kuppelshow "Bachelor in Paradise", das Paradies ist aber längst abgebrannt. Sie versuchen es trotzdem mit einer Aussprache, scheitern aber schon an verbalen Limitierungen. Der Bärtige mit der komplexen Frisur glaubt nicht mehr an eine Annäherung, will aber ohnehin vor allem auf "Likes" in den Social-Media-Abwasserkanälen setzen: "Ich will dieses Familienimage haben, weißt Du? Als ich jetzt auf meinem Instagram-Account ein Bild von ihr reingesetzt habe - also wir zusammen - das ist so nach oben geschossen." Das klingt nach Poesie und nach einer reifen Grundlage für eine gemeinsame Zukunft.
Einige Zitate, die für mich leider nicht mehr einzelnen Personen zuordenbar sind (verzeihen Sie bitte, meine Nerven sind auch nicht mehr die eines 20-Jährigen), nehme ich immerhin mit. Etwas Weisheit kann man im Leben ja immer brauchen: "Während der eine das eine macht, kann der andere doch das andere machen." Halten Sie da einmal etwas dagegen. "Atme jetzt tief aus. Nein! Aus!! Nicht ein!!!". Oder: "Ich will einfach mit Dir cool sein". Geht sich vermutlich nicht aus - weder mit noch ohne. "Es wird immer das schwächste Glied oder das 'Arschlochglied' (sic!) gewählt. Aber was soll ich jetzt machen - soll ich anfangen zu weinen?" Nein, das hat noch keinem wirklich geholfen in dieser Sendung. Da fängt es erst an.
Die Ekel-Prüfung
Die Ekel-Prüfung obliegt dieses Mal dem väterlich-lässigen und zumindest der deutschen Sprache ausreichend mächtigen Chris (Töpperwien) und der als Scream-Queen agierenden Gisele (Oppermann), die in ein versifftes Krankenhaus des Irrsinns zur Visite müssen. Das Getier fällt hier von der Decke, es schießt fontänenartig aus der Wand, es dringt aus allen Ritzen. Kakerlaken, Maden, Ratten und dergleichen mehr. Immerhin "zeigt man noch die Arten, die in 'Universum' immer zu kurz kommen", merkte der eingangs erwähnte Kollege sehr richtig an. Ansonsten hat man all das bereits zwölf Staffeln lang zur Genüge gesehen, aber selbst das Insektarium lässt sich halt nicht neu erfinden.
Bleiben Sie dran. Es hilft ja alles nichts.