Eine lineare Widerstandsbiografie sieht anders aus. Robert Bernardis wählte in seinem Leben den Weg vom frühen NS-Sympathisanten zum überzeugten Gegner des Regimes. Im Russlandfeldzug mutierte er durch die menschenverachtende Kriegsführung und durch die Begegnung mit seinem neuen Vorgesetzten Graf Stauffenberg zum Widerstandskämpfer innerhalb des adeligen Militärs.


Als einziger Österreicher war er maßgeblich an der Planung und Ausführung der „Operation Walküre“ beteiligt, also beim Attentat auf Hitler in der „Wolfsschanze“ am 20. Juli 1944. Bernardis’ Existenz wurde im Gegensatz zu Stauffenbergs Heldenerzählung in vielen Spielfilmen oder Dokus in den USA oder Deutschland noch jahrzehntelang nach Kriegsende totgeschwiegen. „Im Jahr 2018, 80 Jahre nach dem sogenannten Anschluss, ist es angebracht, sich eines militärischen Widerstandskämpfers anzunehmen“, sagte Bundespräsident Alexander Van der Bellen.

Freude bei der Enkelin Ingeborg Heidlberger, Julian Sharp, Alexander Wrabetz
Freude bei der Enkelin Ingeborg Heidlberger, Julian Sharp, Alexander Wrabetz © (c) ORF (Roman Zach-Kiesling)


Die neue „Menschen & Mächte“-Doku „Robert Bernardis, ein vergessener Held“ (12. September, 22.30 Uhr, ORF 2) will ihn wieder ins öffentliche Bewusstsein rücken und einen Akt wider die Auslöschung setzen. „Mein Opa war ein Held“, sagte die Enkelin Ingeborg Heidlberger bei der Präsentation in der Präsidentschaftskanzlei. Und: „Sein Name soll nicht vergessen werden.“ Dafür sorgt nun auch ein persönliches Dekret der Rehabilitierung, das ihr Van der Bellen überreichte. Ein berührender Moment. Und ein Akt der Wiedergutmachung, initiiert von Andreas Novak, Leiter der Zeitgeschichte-ORF-Redaktion.


Regisseur Martin Betz hat für die Doku bislang unbekanntes Akten-, Foto- und Filmmaterial gesichtet. Bernardis’ Chauffeur, seine Frau und die Enkelkinder kommen neben Zeithistorikern und Heeresexperten ausgiebig zu Wort. Die Doku blickt aber nicht nur in Spielszenen zurück, sondern geht auch einer spannenden Frage nach: Was wäre passiert, hätte Stauffenberg wie geplant die doppelte Menge Sprengstoff zur Explosion gebracht? In Zusammenarbeit mit dem Bundesheer hat die epo-Produktion die Lagerbaracke nachgebaut und eine Sprengung durchgeführt. Und welche Konsequenzen hätte ein Erfolg gehabt? Historiker Peter Steinbach rechnet vor: Hätte das Attentat den Krieg beendet, „hätte etwa die Hälfte der Menschen, die im Zweiten Weltkrieg zu Tode gekommen sind, überlebt“. ORF-Chef Alexander Wrabetz betonte das „Verständnis des ORF als trimediales Gedächtnis“