Lange Zeit stand sie bereit, wenn am Burgtheater "eine wirklich uralte Frau" gebraucht wurde. Bis vor wenigen Jahren kehrte die Kammerschauspielerin Bibiana Zeller neben ihren Kino- und TV-Engagements trotz ihrer Pensionierung im Jahr 1999 immer wieder auf die Bühne zurück. Am Sonntag (25. Februar) wird die gebürtige Wienerin 90 Jahre alt. Der ORF widmet ihr aus diesem Anlass einen Schwerpunkt.
Subtilität, feiner Humor und ein Gespür für Skurrilität gehören ebenso zu ihren Markenzeichen wie ihre charakteristisch helle, zerbrechliche Stimme, die sie dem Burgtheater als Ensemblemitglied seit 1972 lieh. Ihre bewegte Karriere fasste Bibiana Zeller unter dem Titel "Bitte lasst mich mitspielen!" vor drei Jahren in ihrer Autobiografie zusammen, in der sie nicht nur vom Leben am Theater, sondern auch den Erlebnissen in ihrem zweiten Standbein Film erzählte. Eine Doppelrolle, die nicht immer einfach zu meistern war: "Peymann hat mich in der ganzen Zeit keinen Film machen lassen. Ich musste immer bereit stehen, auch wenn er mich dann nicht besetzt hat", erinnerte sich die Schauspielerin. "Das war seine Überzeugung: Film und Fernsehen sind eigentlich blöd."
Frau Kottan
Dennoch brachte sie es auch beim Film zu Bekanntheit: Als Frau Kottan in der Fernsehserie "Kottan ermittelt" erlangte sie in den frühen 80er-Jahren große Popularität. Besonders beliebt war sie als Herta in der Serie "Julia - Eine ungewöhnliche Frau". Für das Kino spielte die am 25. Februar 1928 geborene Zeller unter anderem in Michael Glawoggers Film "Die Ameisenstraße" (1995), in Robert Dornhelms Streifen "Der Unfisch" (1997) oder in Xaver Schwarzenbergers "Zuckeroma" (2004). 2010 folgte ein weiterer Auftritt in Peter Patzaks "Kottan ermittelt: Rien ne va plus", 2011 stand sie in der Glavinic-Verfilmung von "Wie man leben soll" (Regie: David Schalko) vor der Kamera. 2015 spielte sie in der Regie von Tobi Baumann in "Gespensterjäger - Auf eisiger Spur". Zuletzt war sie 2016 in "Die Blumen von gestern" von Chris Kraus auf der großen Leinwand zu sehen.
Doch den Anfang machte sie am Theater: Ihr erstes Engagement erhielt Bibiana Zeller nach einer privaten Schauspielausbildung 1950 am Theater in der Josefstadt. Als Thomas Bernhard Gast am Maria Saaler Tonhof war, inszenierte Herbert Wochinz Einakter - mit Bibiana Zeller. In den folgenden 20 Jahren war sie überwiegend auf deutschen Bühnen zu sehen. Erst 1972, als Gerhard Klingenberg sie ans Wiener Burgtheater engagierte, kehrte die Schauspielerin in ihre Heimatstadt zurück. Dort entwickelte sie sich bald zu einer profilierten Nebenrollendarstellerin. Bei den Salzburger Festspielen 2005 und 2006 stand sie als Jedermanns Mutter auf der Bühne am Domplatz.
Moderne Autoren
Ihre besondere Vorliebe gilt aber modernen Autoren. So spielte sie in Claus Peymanns legendären Thomas Bernhard-Inszenierungen die schweigsame Wirtin im "Theatermacher" und Frau Liebig im "Heldenplatz". Auch in späteren Jahren war sie in vielen Ur- und Erstaufführungen zu sehen, etwa in Gert Jonkes "Chorphantasie" und "Die versunkene Kathedrale" in der Regie von Christiane Pohle, in "Der Bus (Das Zeug einer Heiligen)" von Lukas Bärfuss in der Regie von Thomas Langhoff, in "Ende und Anfang" von Roland Schimmelpfennig in der Regie von Nicolas Stemann sowie Friederike Hellers Handke-Inszenierungen "Untertagblues" und "Spuren der Verirrten". Ihre letzte Rolle am Burgtheater spielte sie 2012 in "Nach der Oper. Würgeengel" von Martin Wuttke nach Luis Bunuel. Seit dem Tod von Hella Ferstl im Sommer 2017 ist sie nunmehr die älteste Schauspielerin des Burgtheaters, an dem sie auch nach ihrer Pensionierung im Jahr 1999 immer wieder als Gast auftrat.
1998 wurde Bibiana Zeller mit dem Berufstitel Kammerschauspielerin ausgezeichnet, im Rahmen der "Langen Nacht des Hörspiels" wurde sie 2001 zur Schauspielerin des Jahres gekürt, 2010 erhielt sie die Romy als "Beliebteste Schauspielerin". In den letzten aktiven Jahren stand sie etwa unter Luc Bondy im Rahmen der Festwochen-Koproduktion von Molières "Tartuffe" als Madame Pernelle auf der Bühne oder spielte im Fernsehen in "Alles Schwindel" von Regisseur Wolfgang Murnberger.