Welcher Politiker hat sich im abgelaufenen Jahr zum Affen gemacht, was war 2017 besonders lustig und wer wird mit dem „Goldenen Vollpfosten“ ausgezeichnet? Diese und andere Fragen beantwortet der satirische Jahresrückblick der beliebten „heute-show“ um 22.45 Uhr im ZDF. 4,4 Millionen Deutsche und 89.000 Österreicher gehören zum Stammpublikum der oftmals originellen und tragikomischen Comedyshow. Kopf der Sendung ist seit 2009 der 51-jährige Oliver Welke.
Herr Welke, 2017 ist viel passiert: Können Sie das denn alles in Ihren Jahresrückblick packen?
OLIVER WELKE: Ich glaube schon, und wenn es in 45 Minuten nicht ganz reinpasst, dürfen wir bestimmt um ein, zwei Minuten überziehen. Ich bin ganz optimistisch, dass wir das hinkriegen. Uns ist es vor allem wichtig, das eine oder andere Thema nicht nur rückblickend abzuhandeln, sondern auch weiterzudenken.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel dürfte heute viel Raum bekommen, oder?
Angela Merkel wird in der „heute-show“ das ganze Jahr über konsequent kritisiert. Als sie zum Beispiel vor der Bundestagswahl angekündigt hat, dass sie noch einmal antritt, haben wir das ohne Ironie sehr heftig kritisiert, weil wir von Anfang an das Gefühl hatten, dass das dem Wunsch nach einem personellen Neuanfang in der Bundespolitik diametral entgegensteht. Ich glaube, dass wir einen völlig anderen Wahlkampf erlebt hätten und die Bundestagswahl anders ausgegangen wäre, wenn Angela Merkel angekündigt hätte, hinzuschmeißen. Man kann uns wirklich nicht vorwerfen, dass wir zur Kanzlerin zu nett gewesen wären.
Stimmt es denn, dass die „heute-show“ für viele junge Zuschauer die einzige Sendung ist, aus der sie politische Informationen beziehen?
Zumindest behaupten Studien aus den USA, dass viele Fernsehnutzer ihr politisches Wissen hauptsächlich aus Satiresendungen beziehen. Ich glaube aber, dass die in Deutschland eher in der Minderheit sind und dass das für die „heute-show“ nicht gilt. Was hätte man schon für einen Mehrwert von einer Sendung, die das politische Geschehen der Woche im Rückblick aufarbeitet? Wir setzen ja doch einiges an Informiertheit voraus in unserer Show. Dazu kommt: Wir haben ja gar nicht den Anspruch, Journalisten zu sein. Wir sind zum großen Teil auf die Geschichten angewiesen, die richtige Journalisten recherchieren. Wir sind immer noch eine Unterhaltungssendung.
Für Satiriker leben wir ja in herrlichen Zeiten. Freuen Sie sich über die Themenfülle?
Ich sage immer: Was für die „heute-show“ gut ist, ist oft nicht gut fürs Land. Ich finde also nicht alles toll, was uns Sendezeit schenkt, bestimmte Entwicklungen machen mir auch ernsthaft Angst. Wenn sich alle nur noch in diese merkwürdige Mecker-Haltung reinsteigern, aber keiner mehr was tut, dann sehe ich schwarz für unsere Demokratie. Wer sich zum Beispiel mal kommunalpolitisch umsieht, stellt fest, dass da wenig nachkommt an jüngeren Leuten.
Beschweren sich denn manchmal Politiker bei Ihnen, dass Sie zu hart mit ihnen umgegangen sind?
Nein, bei mir persönlich nicht, aber beim ZDF in Mainz schon ab und zu. Im Laufe der Jahre, die es die „heute-show“ nun schon gibt, habe ich zeitversetzt von so mancher Beschwerde erfahren. Wir haben aber mit dem ZDF vereinbart, dass es besser ist, wenn wir das in einem solchen Fall nicht unmittelbar erfahren, weil sich sonst beim Schreiben der Texte die eine oder andere Hemmung einschleichen könnte. Beschwerden finde ich übrigens völlig legitim, dieses Recht haben nicht nur normale Zuschauer, sondern auch Politiker. Bedenklich wäre ja nur, wenn ein Politiker versuchen würde, im Vorhinein die Ausstrahlung von irgendwas zu verhindern – und das haben wir in bald neun Jahren „heute-show“ bislang noch nie erlebt.
Von Martin Weber