Wo der Wildbach rauscht und der Förster vom Silberwald zur Jagd zieht, dort ist auch „Die Trapp Familie. Ein Leben für die Musik“ zu Hause – zumindest optisch. In der vierten Verfilmung des Lebens der Aristokratenfamilie glänzen die Farben von der Leinwand und trieft das Gefühl aus jedem Pixel. Im Kino war Ben Verbongs Werk kein Megaseller, am Freitagabend läuft die TV-Premiere (ORF 2, 20.15 Uhr).
Die deutsch-österreichische Koproduktion mit internationalem Cast basiert auf den Memoiren "Memories before and after The Sound of Music" der ältesten Trapp-Tochter Agathe. Entsprechend gebaut ist auch die filmische Umsetzung. Die Rahmenhandlung lautet grob gesagt: Tante Agathe erzählt. Konkret erzählt sie ihrer Großnichte von der guten - und dann später auch schlechten - alten Zeit. So wird der Erlhof in Zell am See als "märchenhaftes Haus" in einer "märchenhaften Landschaft" eingeführt.
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Von hier nimmt die wendungsreiche Geschichte der nach ihrer Flucht vor den Nazis als Trapp Family Singers reüssierenden Familie ihren filmischen Ausgang. Mutter Trapp stirbt, was vor allem der ältesten Tochter Agathe (Eliza Bennett) schwer zu schaffen macht. Entsprechend ist sie es auch, die nach dem Umzug nach Salzburg am meisten darunter leidet, als Vater Georg (Matthew Macfadyen) im Kindermädchen Maria (Yvonne Catterfeld) seine neue Liebe findet. Doch am Ende schweißen die aufziehenden politischen Unbilden durch den "Anschluss" 1938 alle Trapps zusammen.
Das Mittel der Wahl für den niederländischen Regisseur Ben Verbong lautet dabei: Gefühl auf Teufel komm raus. Mit penetrant-süßlicher Dauerbeschallung à la Walt Disney werden konfliktbeladene Szenen im Rosamunde-Pilcher-Stil aufgeladen. Auch wenn man sich ohne Musicalnummern sichtlich bemüht, etwas mehr Realismus ins Geschehen zu bringen als das große Vorbild, der Klassiker "Sound of Music", schießt man in der anderen Richtung der Gefühlswallungen über die Kitschgrenze hinaus. Hinzu kommt eine Optik, die an frühe Technicolor-Exzesse erinnert, während die Figuren wie lebendige Hummel-Figuren über die Leinwand schreiten. Der Einzige, der im gesamten Film nicht in Tracht auftritt, ist Cornelius Obonya als späterer Nazi Konrad. Auch Starsopranistin Annette Dasch ist als legendäre Berufskollegin Lotte Lehmann stets im Alpinkostüm zu sehen.
Die beiden Akteure gehören zu den wenigen deutschsprachigen Darstellern der auf Englisch gedrehten Produktion. Yvonne Catterfeld gesellt sich in Nachfolge von Julie Andrews als Kindermädchen Maria hinzu. Märchentante Agathe spielt die aus den "Spider-Man"-Verfilmungen bekannte Rosemary Harris, der ob der politischen Veränderungen hilflos wirkende Baron wird vom filmerfahrenen Matthew Macfadyen interpretiert. Und schließlich ergänz das britische Nachwuchstalent Eliza Bennett die Runde in der Rolle der Agathe als junge Frau.
Alles in allem reiht sich "Die Trapp Familie. Ein Leben für die Musik" also in vielerlei Hinsicht in die Tradition der drei Vorgängerverfilmungen ein. Den Auftakt machte 1956 Wolfgang Liebeneiner im Heimatfilmstil mit "Die Trapp Familie". Auf den Erfolg folgte bereits 1958 erneut unter Liebeneiners Regie "Die Trapp-Familie in Amerika" als Fortsetzungsgeschichte. Völlig in den Schatten gestellt wurden diese beiden cineastischen Werke allerdings durch das Fox-Musical "The Sound of Music" mit Christopher Plummer und Julie Andrews, der heute als einer der erfolgreichsten Filme aller Zeiten gilt und weltweit das Salzburg-Bild prägt - mit Ausnahme von Deutschland und Österreich.
Mehr Schauwert hat die anschließende Dokumentation "The Sound of Austria - Die wahre Geschichte des Familienchors Trapp" von Gerhard Jelinek und Birgit Mosser-Schuöcker (ORF 2, 22 Uhr). Der Film beleuchtet den zeitgeschichtlichen Hintergrund einer Familie, deren Wurzeln in der k. u. k. Monarchie liegen, die in den 1930er Jahren die Folgen der Welt-Finanzkrise erleidet und ein Jahrzehnt später in den kulturellen Abwehrkampf Österreichs und seiner „vaterländischen“ Regierung gegen Hitler-Deutschland gerät. Das Leben der nach Salzburg gezogenen Familie birgt packende Wendepunkte und Schicksalsschläge. Es ist untrennbar verbunden mit der Geschichte Österreichs in der Zwischenkriegszeit – eingekeilt zwischen dem faschistischen Diktator Mussolini in Italien und dem nationalsozialistischen Deutschen Reich. Salzburg und die Salzburger Festspiele spielen in diesen bewegten Zeiten eine wichtige Rolle – auch als Bekenntnis zur österreichischen Identität und Gegenmodell zu Hitlers Wagnerkult in Bayreuth.