ProSiebenSat.1-Chef Thomas Ebeling sorgt mit abschätzigen Äußerungen über Fernsehzuschauer für Aufregung. "Es gibt Menschen, die ein bisschen fettleibig sind und ein bisschen arm, die immer noch gerne auf der Couch sitzen, sich zurücklehnen und wirklich gerne unterhalten werden", sagte der Vorstandschef der Senderkette in einer Analystenkonferenz vor einer Woche. "Das ist eine wichtige Zuschauergruppe, sie sich nicht ändert." Anders als bei Video-Portalen wie Netflix müssen sich die Zuschauer im klassischen Fernsehen nicht aktiv für ein bestimmtes Programm entscheiden - und dafür zahlen.

Das Medien-Branchenportal DWDL grif Ebelings Äußerungen am Mittwoch auf. Auf Twitter lösten die Zitate einen Sturm der Entrüstung aus: "Man beißt nicht die Hand, die einen füttert", schrieb ein Nutzer. Daraufhin sah sich der ProSieben-Chef zu einer Stellungnahme genötigt. Das Zitat sei aus dem Zusammenhang gerissen und daher falsch verstanden worden, erklärte Ebeling. Seine Äußerung sei eine "plakative Zuspitzung zur Illustration unterschiedlicher Mediennutzungsweisen" gewesen. "Mitnichten wollte ich unsere TV-Zuschauer diskreditieren."

Ebeling hatte auf die Frage eines Analysten von Exane BNP Paribas nach der wachsenden Konkurrenz durch Video-Bezahlangebote wie Netflix sowie deren Eigenproduktionen und die Konsequenzen daraus für das Fernsehen geantwortet. Die Inhalte, auf die sich die klassischen Sender verließen, seien nicht mehr so gut wie früher, kritisierte der Analyst. "Alle Hollywood-Blockbuster sind auf unserem Sender, und nicht jeder Netflix-Film ist ein Homerun", entgegnete Ebeling darauf. Anders als in USA müssten die Zuschauer in Deutschland nicht für wertlose Inhalte zahlen. "Wir geben gute Inhalte kostenlos weiter."

ProSieben kämpft mit bröckelnden Werbeeinnahmen und hat zuletzt Marktanteile an den Konkurrenten RTL verloren. Vergangene Woche musste Ebeling seine Prognose für den deutschen Fernsehwerbemarkt zum wiederholten Mal nach unten korrigieren. Auch Ebeling selbst steht deswegen unter Beschuss. Er hat bereits signalisiert, dass er seinen Vertrag über 2019 hinaus nicht verlängern will. Laut einem Medienbericht könnte er im nächsten Jahr abgelöst werden. Der Aufsichtsrat suche intensiv einen Nachfolger, berichtete die "Süddeutsche Zeitung".