Frau Platzer, Sie sind bei der zweiten Staffel von „Germany’s next Topmodel“ im Jahr 2007 bei ProSieben Sechste geworden. Was verbinden Sie mit den Wochen von damals?
ANJA PLATZER: Es war eine einzigartige Erfahrung, die mich an meine Grenzen führte. „Germany’s next Topmodel“ ist eine harte Schule, aus der man nicht immer als Gewinner aussteigt, aber viel für die Zukunft mitnehmen kann.
Was haben Sie denn mitgenommen?
ANJA PLATZER: Ich bin durch die Teilnahme sehr viel selbstsicherer geworden. Ich glaube, als junges Mädchen will man jedem gefallen und verbiegt sich (ungewollt) – bis man merkt, dass man nicht jedem gefallen kann. Und das ist auch gut so. Ich musste viel Kritik einstecken, das hat mich aber nicht schwächer, sondern nur stärker gemacht.
Werden Sie hin und wieder von Mädchen und Burchen gefragt, ob Sie sich bei der Show in Deutschland bzw. „Austria’s next Topmodel“ bewerben sollen?
ANJA PLATZER: Tatsächlich!
Und wozu raten Sie?
ANJA PLATZER: Wichtig ist, dass man sich nicht verstellt, denn die Zuschauer merken so etwas schnell. Man sollte sich im Klaren sein, dass weder „Germany’s next Topmodel“ noch „Austria’s next Topmodel“ automatisch eine hohe Bekanntheit bedeuten. Wir leben in einer schnelllebigen Zeit, in der man an einem Tag ganz oben und am nächsten plötzlich wieder in Vergessenheit geraten ist. Gesunder Ehrgeiz und Spaß an dem, was man tut, sind mit Sicherheit hilfreich.
Die Sendung gibt es inzwischen seit 2006 und genau so lange steht sie in der Kritik. Sie transportiert ein Bild, das vermittelt: Wer nicht hübsch und schlank ist, verliert. Finden Sie die Kritik gerechtfertigt oder ist das schlicht die Realität auf den Laufstegen?
ANJA PLATZER: Auf Fashion TV, an Plakaten und in Magazinen sehen wir tagtäglich viel dünnere Models als in der Sendung. So etwas wird hingenommen – oder übersehen. Promis wie Heidi Klum müssen seit jeher viel Kritik einstecken, denn Erfolg erzeugt Neid. Auch wenn es in der Sendung nicht wirklich darum geht, das nächste Topmodel zu finden, sondern Quoten zu generieren, ist es unrealistisch, Mädchen zu nehmen, die nicht dem Schönheitsideal der Modewelt entsprechen, da diese unter normalen Umständen niemals gebucht werden würden.
Sie sehen sich mittlerweile weder die deutsche noch die heimische Ausgabe von „Next Topmodel“ an. Warum nicht?
ANJA PLATZER: Jedem Mädchen wird anfangs eine Rolle zugeteilt, die es bis zum Ende der Staffel beibehält. Wenn du das schüchterne, introvertierte Mädchen mit Weiterentwicklungspotenzial bist, ist das eine Rolle, die nur positiv für einen sein kann, nicht aber, wenn man die Zicke der Staffel ist, denn dieser Stempel hängt einem noch Jahre später hinterher. Als aufmerksamer Zuschauer weiß man daher schon relativ früh, wer gewinnen wird. Und das sind nie die „Bösen“. Die Sendung erzeugt Stereotype – und so was passt nicht in mein Leben.
Was machen Sie heute, zehn Jahre nach Ihrer Teilnahme bei „Germany’s next Topmodel?
ANJA PLATZER: Ich war ein paar Jahre im Ausland und hab’ viel von der Welt gesehen. Das Modeln war interessant, aber wenn man älter wird möchte man sein Geld mit seinem Intellekt – und nicht mit dem Aussehen- verdienen, zumal man sich ein zweites Standbein schaffen sollte. Ich schreibe gerade meine Abschlussarbeit in Betriebswirtschaft, model aber immer noch nebenbei, sofern es sich zeitlich ausgeht.
Christoph Steiner