Der ORF wird heuer ausgeglichen bilanzieren, davon geht ORF-Chef Alexander Wrabetz im APA-Interview aus: "Das dürfte gelingen." Das Restrukturierungsprogramm sei auf Schiene, rund 50 Stellen und 30 bis 40 Mio. Euro werden heuer eingespart. Programmlich habe ORFeins "Priorität", doch mit knapperen Mitteln. Der "Plan B" für den Standort steht in Grundzügen - die Entscheidung fällt zu Jahresende. 2016 hatte der ORF mit rund 30 Millionen Euro Minus abgeschlossen - Grund war, dass der Funkhaus-Verkauf nicht realisiert wurde. Für das Budget 2017 galt es, eine strukturelle Lücke zu schließen. Dafür läuft ein bis 2021 300 Millionen schweres Sparprogramm. Mit dem sei man im aktuellen Jahr im Plan, erklärt der Generaldirektor, der vor einem Jahr für eine dritte Amtszeit bestellt wurde. "Dass wir strukturell und operativ wieder in die schwarzen Zahlen kommen, dürfte gelingen." Er rechnet damit, "dass wir ohne Einmalerträge ausgeglichen bilanzieren".
Die Anpassung der Gebühren "hilft dabei", entscheidend sei aber das Sparprogramm, das von der sogenannten Transform-Gruppe gesteuert wird, betont er. "Wir haben jetzt ca. 50 von geplanten 300 Stellen reduziert." In der "ORF2-Daytime" - wo seit Kurzem auch nachmittags aus dem mobilen Studio gesendet wird - wurden rund vier Millionen eingespart, bei den Tochtergesellschaften gab es gewisse "Straffungen", der Dispositionsbereich werde bis November neu geordnet, nennt Wrabetz weitere Beispiele für die Sparanstrengungen im Haus. "Die Tranchen des Programms, wie sie für heuer vorgesehen waren, werden wir umsetzen. Das liegt im Bereich von 30 bis 40 Millionen Euro."
Arbeitszeitverletzungen
Stichwort ORF 2-Daytime, vorläufig von Roland Brunhofer geleitet, der auch zu den "Transformern" zählt: "Unterwegs in Österreich" sei "sehr stark gestartet und muss sich jetzt entwickeln. Das ist viel Arbeit im Detail, das richtig zu machen", sieht Wrabetz hier "Potenzial". Zuletzt hatte der Betriebsrat gedroht, das Arbeitsinspektorat mit möglichen Arbeitszeitverletzungen zu beschäftigen. Man werde das sicher "so lösen, dass die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden", versichert der Generaldirektor.
Im Juni dieses Jahres fielen ORFeins und ORF 2 quotenmäßig erstmals unter die 30 Prozent-Marke. Schrillen da die Alarmglocken? "Natürlich nimmt man die Marktanteils-Entwicklung ernst", sagt Wrabetz. Die Gründe seien aber vielfältig, schließlich habe es im Vorjahr eine zugkräftige Fußball-EM gegeben, auch die Umstellung auf DVB-T2 sei ein Faktor. Umgekehrt bringe die "Verbesserung in der Morgenzone aufs Jahr gesehen" einen Prozentpunkt zusätzlich. "Wir werden auf Jahresbasis um die 34 Prozent liegen", versichert er.
Auf der Hand liegt aber - schon länger - dass "wir uns in ORFeins strukturell besser aufstellen, vor allem in den Zeiten ohne große Sportereignisse". Das war auch ein Thema bei der ORF-Klausur vergangener Woche: "Wir haben beschlossen, eine neue ORFeins-Strategie auszuarbeiten." Hier muss man aber kleinere Brötchen backen. Ideen und Strategien für den Kanal gibt es ja schon länger. Nur: Sie kosten zu viel. "Wir haben eine sehr vielversprechende Strategie - die wird nur wahrscheinlich mit den finanziellen Ressourcen schwer realisierbar sein."
Deshalb gibt es nun auch für ORFeins ein "Transform-Projekt", das klären soll: "Wie kann man mit dem Geld, das man hat, möglichst viel realisieren." Eine massive Steigerung fiktionaler Eigenproduktionen ist da eher nicht drin. Wrabetz skizziert die Eckpfeiler von "ORFeins neu" mit "Information, Infotainment, Dokumentation". Sollte zum Beispiel das Wahlquiz "Nationalraten" (Start Mitte September) funktionieren, könnte es in Variationen bleiben. Die "DOK eins"-Schiene auszubauen, ist eine weitere Überlegung. Schon seit Wrabetz' Bewerbung im Vorjahr steht eine große Informations-Sendung im Raum - redimensioniert könnte so etwas "zumindest an einem Tag" in der Woche zu sehen sein. Trotz der Limitierungen habe ORF eins jedenfalls "Priorität", betont der Generaldirektor.
"Plan B" für Standort steht in Eckpunkten
Zumindest bis Jahresende offen bleibt, wie es mit dem ORF-Standort weitergeht. Das ist ja die Deadline, zu der man entscheiden will, ob noch etwas wird aus dem Zubau mit dem großen trimedialen Newsroom oder ob nicht zuletzt Anrainerproteste und ausstehende behördliche Genehmigungen dem einen Strich durch die Rechnung machen. Ein "Plan B" steht jedenfalls in Grundzügen, betont Wrabetz.
Im Wesentlichen würde der auf den Verzicht auf einen Neubau am Küniglberg und den Erhalt des Funkhauses hinauslaufen. Der Standort Heiligenstadt (Ö3, ORF On) soll jedenfalls aufgelassen werden. Dass die Onliner schon heuer nach Hietzing übersiedeln sollen, ist bekannt, "nach der Wahl" ist nun der geplante Zeitpunkt dafür. Das Funkhaus würde auch nach "Plan B" teilweise verkauft. Heuer wurde als erste Tranche ein unbebautes Grundstück - Wrabetz beschreibt es als "Wiese" - an die Rhomberg-Gruppe veräußert. Viel Geld sehe man dafür derzeit aber noch nicht, da die Liegenschaft noch umgewidmet werden muss, um eine Wertsteigerung zu erreichen. Für allfällige weitere Transaktionen wurde mit Rhomberg eine Frist bis Mitte 2018 vereinbart.
Bleibt es bei Plan A, werde man das ursprüngliche Budget von 303 Mio. Euro jedenfalls einhalten können, versichert Wrabetz, auch wenn man beim bereits fertiggestellten Hauptgebäude um rund 15 Prozent überzogen hat. "Wir haben ein Konzept ausgearbeitet, nach dem wir jedenfalls bei den weiteren Bauteilen im Rahmen des Budgets bleiben - und das, was wir beim Bauteil eins überzogen haben, aufholen werden." Eine abgespeckte Version wäre ohnehin entsprechend günstiger.
Wrabetz wurde vor einem Jahr wiedergewählt, seine dritte Funktionsperiode startete mit 1. Jänner 2017. Viel Wind gab es um die geplante Reform der TV-Information ("Channel Manager" für ORFeins und ORF 2), die er letztendlich bis nach der Nationalratswahl verschob. Dass er hier allzu sehr mit dem Blick auf die Politik agiere, weist er zurück. "Das ist weder Taktik noch zaudern. Ich habe die Verantwortung dafür, dass wir uns gerade in den Wahlzeiten darauf konzentrieren, gute und untadelige Sendungen abzuliefern und nicht ein Strukturprojekt, das auch drei Monate später umgesetzt werden kann, durchzupeitschen". Der Erfolg der bisherigen Wahlberichterstattung gebe ihm recht, lobt Wrabetz die Info-Teams seines Hauses.
"Steigende Aggressivität" bei Konkurrenz
Und womit rechnet er selbst nach der Wahl? Dass die neue Regierung - früher oder später - das ORF-Gesetz ändern wird, ist zu erwarten. Wrabetz ortet dieser Tage eine "steigende Aggressivität" bei der Konkurrenz - "den deutschen Privatsendern", wie er es gerne mit einem Seitenhieb auf die um ATV ergänzte ProSiebenSat1Puls4-Gruppe formuliert. Da gelte es nun verstärkt zu argumentieren, warum es einen starken öffentlich-rechtlichen ORF für den österreichischen Medienstandort brauche. "Das werden wir tun." Um seinen Job macht er sich keine Sorgen, versichert er. Zwar wäre es nicht das erste Mal, dass eine neue Koalition den amtierenden General per Gesetzesänderung vom Küniglberg entfernt. "Ich bin für fünf Jahre gewählt", sagt Wrabetz. "Ich gehe nicht davon aus, dass man nur unter dem Vorwand, bei den Gremien etwas zu ändern, meine Geschäftsführungsperiode verkürzt."