Chefredakteur Hubert Patterer thematisierte am Sonntag in seinem Leitartikel "Offen gesagt - Die Macht des Rudels" die Rolle der Medien in der Flüchtlingskrise und lud die Leser ein, Stellung zu beziehen - auch zur Haltung der Kleinen Zeitung zu dem Thema. Viele unserer Leser folgten dem Aufruf - zahlreiche Leserbriefe erreichten uns. Diskutieren Sie mit!

Eine Auswahl der Leserbriefe:

Ihr Leitartikel ist nicht nur exzellent formuliert. Sie haben die Rolle der heutigen Medien auch kritisch hinterfragt. Nicht nur in der Politik, auch in den Medien besteht die Gefahr, vom Zaubertrank „Masse & Macht“ hin und wieder berauscht zu werden. Aus der Geschichte wissen wir, dass diese Verbindung auch so manches totalitäre Monster hervorgebracht hat. Auch einige der damaligen Medien haben wesentlich dazu beigetragen, dass es so weit kommen konnte. Daher sollte uns immer wieder bewusst werden, wie entscheidend kompetente, objektive und konstruktiv-kritische Medien sind. Sie sind zweifellos eines der absolut unentbehrlichen Fundamente einer funktionierenden Demokratie. Zeitungen sind oft der Versuchung ausgesetzt, möglichst allen nach dem Mund zu schreiben, damit sie von möglichst allen gekauft werden. Solche Zeitungen verkaufen sich gut, aber sie verkaufen auch ihr Rückgrat. Die Kleine Zeitung gehört sicher nicht dazu. Widerstehen Sie weiterhin diesen Versuchungen und bleiben Sie ein Flaggschiff des Qualitätsjournalismus in Österreich!
Dr. Walter Berndorfer, Deutschlandsberg

Übermacht des Rudels

Humanismus mit einer Klimaanlage zu vergleichen, ist kühn. Und kühl. Ob Sie im Glashaus sitzen, können nur Sie selbst beurteilen. Gerne will ich Sie aber fragen: Was verstehen Sie unter „pragmatischem Humanismus“? Ist sein Gegenteil ein un-pragmatischer, so wie der Gegensatz von Liebe Hass ist? Oder sind beide für Sie journalistische Spitzfindigkeiten? Verhielte es sich so, wären Sie dann nicht schon längst der Übermacht des Rudels erlegen?
Hans Gigacher, Graz

Medienkampagnen

Ihrer Beurteilung der „Macht des Rudels“ kann ich gerne zustimmen, Ihnen nehme ich auch ab, dass man als Bürger vieles gelassener sehen muss. Doch auch Ihre Zeitung unterliegt dem Drang der guten Schlagzeile. Die Gesellschaft und die Politik können oft nur mit extremer Überzeichnung noch auf sich aufmerksam machen. Ein Beispiel: Vor vielen Jahren wurde eine Kampagne gegen die Müllverbrennung hochgezogen. Damals mit dem Argument der Müllvermeidung. Heute wird mehr Müll denn je produziert und eine ganze Industrie lebt wunderbar damit.
Ing. Franz Sablatnig, Mittertrixen

Balance gehalten

Hubert Patterer redet Tacheles, und das ist auch gut so! Die Meiden haben - zu großen Teilen - versagt, keine Frage. Die Kleine Zeitung kann sich zugute halten, die Balance gehalten zu haben. Erfreulich, dass es Chefredakteure und kompetente Journalisten waren, und sind, die den Finger auf die Wunde gelegt haben.
Rudolf Prill, Köttmannsdorf

Zurückrudern

Der nüchterne Leser ist kein anonymer Konsument, er kennt die drogenförmige Macht des gedruckten Wortes, und in seiner Nüchternheit erkennt der Leser auch das Zurückrudern und das erneute Verstellen. Auf dass man als Zeitung nie mit fremden Archiven bloßgestellt werde. „Die Macht des Rudels“ liest und empfindet sich heuchlerisch und klebt am Denken wie ein feuchtes Schnäuztücherl.
Peter Zadkovic, Graz

Laufend kontrollieren

Ihr Artikel tut meiner Seele und meinem Verstand gut. Ich glaube, dass es für jeden Menschen sehr wichtig ist, seine Taten und sein Denken laufend zu kontrollieren. Auch wenn es immer subjektiv sein muss. So lange wir dies tun können, leben wir bewusster und bleiben der eigenen Persönlichkeit treu.
Peter Safranek, Feldkirchen

Moralische Instanz

Im Herbst 2015 wurden von allen Zeitungen, auch von Ihrer, viele weitsichtige Leserbriefe unter Verschluss gehalten. Die Medien schwangen sich selbst als oberste moralische Instanz auf, die Nazikeule wurde geschwungen über allen, die sich erlaubten, auf vorhersehbare Probleme aufmerksam zu machen. Nun wird ein wenig zurück gerudert, weil halt inzwischen schon fast jeder in irgendeiner Form von der illegalen Migration negativ betroffen ist; vor allem aber, weil Wahlen vor der Tür stehen und sich manche vor den Wahlergebnissen zu fürchten beginnen.
Rosemarie Eisbacher, Wildon

Kein Meinungsdiktat

Was die Rolle der Medien betrifft, sollte man differenzieren. ORF, Standard, Presse, Salzburger Nachrichten und auch die Kleine Zeitung berichteten anfangs eher positiv, später dann nüchtern, heute vielfach auch sehr kritisch. Hier gab es in der Tat einen Wandel in der veröffentlichten Meinung. Doch den von Ihnen behaupteten Rudeljournalismus, der in Form eines Meinungsdiktates das Volk zur „Willkomenskultur“ erziehen wollte, konnte ich zu keiner Zeit feststellen. Die Massenmedien mit hoher Auflage machen seit Jahren Stimmung im gegenteiligen Sinn.
Christian Köpf, Graz

Die Ausgewogenheit fehlt

Die Berichte über die humanitäre Hilfeleistung zigtausender Österreicher haben nichts mit Rudeljournalismus und volkserzieherischem Eifer zu tun. Epochale Ereignisse verdienen entsprechende Berichterstattung. Denn Medien sind immer auch Teilzeit-Herde. Bei Formel-1-Wochenenden, bei Katastrophenereignissen und eben bei der Politkrise (nicht Flüchtlingskrise!) seit 2015 folgen sie der Spur der Masse. Das allein begründet noch keine Einseitigkeit.

Woran es den meisten österreichischen Tageszeitungen nicht fehlt aber mangelt, ist die hinreichende Erdung der globalen Migration auf lokaler Ebene. Die vielen alltäglichen gelungenen Schritte an Integration im Wohnblock, im Kindergarten und am Arbeits- und Sportplatz übertreffen um ein Vielfaches die Anzahl an gescheiterten Integrationsversuchen.Das Gelungene geht journalistisch unter. Die Ausgewogenheit fehlt.
Ernst Sandriesser, Katholisches Bildungwerk Kärnten

Sehr geehrter Herr Pattere r- Glückwunsch zu Ihrem "Offen gesagt" Artikel. Respekt, dass Sie Ihre Fehler eingestehen. Als Bürger und seit Jahrzehnten  Leser der Kleinen Zeitung haben sich unzählige Menschen( Patienten) wie auch unsere Familie  über die Berichterstattung in den Medien gewundert - eigentlich geärgert. Eine so offensichtliche Falschinformation über Asylanten, arme hochgebildete Leute, die wir dringend brauchen – hat der Großteil, der Bevölkerung niemals verstanden. Ich hoffe dass Sie damit ein Zeichen setzten und ein bisschen objektiver recherchieren und nicht einem in Deutschland vorgegebenem Mainstream blind folgen. Dr Gerhard Hauke, Liezen

Sehr  geehrter   Herr  Patterer! Vielen  Dank   für  den  obengenannten   Artikel. Erlauben   Sie  mir  bitte   einige  kritische   Bemerkungen  dazu. Ein Rudel  braucht   einen   Führer.Wer   hat   den "Alpha-Rüden"   eingesetzt   und  mit     solchen  Machtmitteln ausgestattet,um  sicherzustellen,dass  alle   Medien   europaweit  ihm    folgen? Schauen wir  uns  die  Flüchtlingskrise   an.Die  Flüchtlingswelle   bewegt   sich  seit   mehr  als   10  Jahren aus  dem   MIttleren  Osten  und  Afrika   auf  Europa  zu.Kein  Medium  hat  vorher  davon   ausführlich berichtet. Alle  schienen  vollkommen   überrascht   gewesen   zu  sein. Wo  waren  die  Geheimdieste, die  sonst sogar  darüber   informiert  sind,wenn   im  Jemen   ein  Hund   über  die  Strasse  läuft? Frau   Merkel  proklamierte:"Wir  schaffen  das!"Ausserdem   müssen  noch   alle   Flüchtlinge  integriert werden. Jedem  normalen  Bürger  war  zu diesem  Zeitpunkt  klar,dass  das  nicht  zu  schaffen  ist. Alle Zeitungen, auch  die   "Kleine  Zeitung", brachen  in  den  gleichen  Jubelruf  aus. Wo  waren  die  kritisch recherchierenden   Journalisten?
Kaus Schulze, Feldkirchen

Natürlich reflektieren Journalisten auch die öffentliche Meinung, die in vielen Fällen ja auch die veröffentlichte Meinung ist. Trump, Erdogan, Orban oder Kaczyinski zu verteidigen, wäre ja abwegig. Trotzdem sollte man sich nicht scheuen zu erklären, warum diese Politiker dieses Schlages in ihren Ländern mehrheitsfähig sind. In Deutschland und Österreich wären sie es vor 80 Jahren auch gewesen. In Demokratien sind autoritäre Führer auch das Produkt der Wähler, deren Einstellungen von ihrem persönlichen Umfeld, aber weitgehend auch von den Medien beeinflusst wird. Ein „Führer“ findet sich immer. Ich danke Ihnen für die angestoßene Diskussion. Fazit: Schwarmintelligenz wie Schwarmdummheit ist nicht nur ein Problem der Betroffenen, sondern auch eine Problem ihrer Beeinflusser. (Falls ihr jeweiliger Echokäfig nicht hermetisch zu ist!)
Dr. Helmut Sihler, Pörtschach

Die längst fällige Selbstkritik, dass die Medien in der Flüchtlingskrise “ihre Rolle als nüchtern aufklärende Instanz geopfert, mit den Regierenden einen Chor gebildet und das Lied der Willkommenskultur angestimmt” haben, hört man als Zeitungsleser gerne, allein es fehlt der Glaube an Besserung und eine Übertragung dieser nun endlich gewonnenen Erkenntnisse auch auf andere Themenbereiche.

Vielleicht sollte man zuerst einmal vor der eigenen Türe kehren, bevor man sich über andere europäische Länder den Mund zerreißt! Wir haben den unwürdigen parteipolitischen Hickhack inklusive schäbiger Tricksereien bei der Bestellung des Postens des/der Rechnungshofpräsidenten/in in Erinnerung – und um die Nachfolge von Gerhart Holzinger wird bereits ebenfalls eifrig gerangelt – denkbar wäre eine rote Spitze im Verwaltungsgerichtshof, eine schwarze im Verfassungsgerichtshof, hört man – ein 3 x Hoch auf die leuchtende Unabhängigkeit der österreichischen Justiz !!!! Und wo bleiben da die kritischen Medienberichte?
Mag. Eva Teuber, Leibnitz