Das Vertrauen der User in die Medien ist niedrig - aber immerhin vertrauen sie traditionellen Nachrichtenlieferanten noch mehr als "sozialen" Medien. Dies kann eine Chance für Medienhäuser sein, so eine Erkenntnis des "Reuters Institute Digital News Report 2017", der am Donnerstag in Wien präsentiert wurde. In Zahlen schlägt sich das aber bisher nur in den USA nieder. Dort spricht man bereits vom sogenannten "Trump Bump". Dort erfahren etablierte Medienmarken im Zuge der politischen Polarisierung und der Medienpolitik des Präsidenten Donald Trump mehr Zuspruch, der sich auch finanziell niederschlägt. Global gesehen aber ist der Trend noch nicht wahrnehmbar, erklärte Nic Newman vom Reuters Institute bei der Präsentation im Rahmen der Medienkonferenz "GEN Summit".
Für die Studie wurden 70.000 Personen weltweit befragt, das Sample ist repräsentativ für Online-Medienkonsumenten, da es sich um eine Online-Umfrage handelte. 24 Prozent von ihnen glauben, dass "Soziale Medien" gut darin sind, Fakten von Fiktion zu trennen. Immerhin 40 Prozent sind der Ansicht, dass traditionelle Nachrichtenmedien dies gut machen. 29 Prozent sind überhaupt zumindest teilweise "news-abstinent": Sie vermeiden Nachrichten - weil sie davon schlechte Laune bekommen oder aber ohnehin glauben, nichts glauben zu können.
Bewusstsein für Quellen schwindet
Die Annahme, dass sich User von Social Media schnell in "Echokammern" wiederfinden, in denen sie nur wahrnehmen, was sie erwarten, sehen die Forscher vom Reuters Institute nicht belegt. Im Gegenteil: Solche Nutzer suchen auch aktiv in anderen Kanälen nach Nachrichten. Ein Problem für die Medien allerdings: Die Medienmarken spielen dabei eine untergeordnete Rolle. Die Leser wissen zwar, dass sie eine Information auf Facebook gelesen oder via Google gefunden haben. Welches Medium für den Content verantwortlich zeichnet, merken sie sich oft nicht. Das Bewusstsein für die Quelle - und die Medienmarke - schwindet also.
Außerdem scheint der rasante Vormarsch mittlerweile quasi traditioneller Plattformen wie Facebook zumindest gebremst, führte Newman aus. Eine neue Herausforderung für die Newsrooms ist das Phänomen, dass sich die User immer mehr in privaten Nachrichten-Systemen, also z.B. Chats, informieren. 15 Prozent der Befragten verwenden WhatsApp, um News zu finden, verbreiten und diskutieren. Acht Prozent nannten den Facebook Messanger. Nimmt man Facebook als Konzern, dem nicht nur WhatsApp, sondern auch Instagram gehört, greifen aber 80 Prozent der Umfrage-Teilnehmer zu einem Facebook-Produkt, um ihr Informationsbedürfnis zu stillen.
Die "mobile Revolution" indes ist noch längst nicht zu Ende, konstatiert der Report - allenfalls ihre erste Phase. Apps erleben gerade eine Renaissance. Und das Smartphone ist aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken, nicht nur unterwegs, sondern auch zu Hause. So gaben 32 Prozent an, dass sie Nachrichten am Handy auf der Toilette lesen. Eine steigende Bedeutung erhalten laut Reuters Institute Angebote wie Apple News oder Snapchat Discover, beides keine Medienkonzerne. Als kommende Trends, derer sich die Medienbranche annehmen sollte, sieht der Bericht sprachgesteuerte Geräte wie Amazon Echo oder Google Home sowie Smart Watches.