"Wo auf der Welt ist es am heißesten? In Österreich! Denn da sind die Leute im März braun geworden" (Gemeint ist Österreichs Anschluss an Deutschland im März 1938). Mag die Zeit des Nationalsozialismus auch noch so ein finsterer Abschnitt in Europas Geschichte sein, der Humor war nicht umzubringen. Wiewohl es oft auch nur der Galgenhumor gewesen ist, der blieb. Neben dem Überlebenswillen. Die neue "Menschen & Mächte"-Dokumentation "Hitlers Angst und Görings Lederhose – Flüsterwitze im Nationalsozialismus" widmet sich heute Abend diesem bisher wenig beachteten Thema der Zeitgeschichte (ORF 2, 21.05 Uhr).

Und keiner wäre als Präsentator des hoch interessanten Films von Christian Rathner geeigneter als Alfred Dorfer. Nicht nur, weil er spätestens seit den 90er-Jahren zu Österreichs genialsten Kabarettisten gehört. Der 55-jährige Dorfer hat sich auch wissenschaftlich mit dem Thema auseinandergesetzt. Seine Diplomarbeit im Fach der Theaterwissenschaft trägt den Titel "Kabarett und Totalitarismus", jener der Doktorarbeit "Satire in restriktiven Systemen Europas im 20. Jahrhundert".

Die Flüsterwitze begleiteten das NS-Regime durch alle Phasen: vom März 1938 bis zum Kriegsende 1945. Sie schilderten den zunehmend angstbesetzten Alltag in der Diktatur. Etwa der: "Hitler hat nach dem Einmarsch im März 1938 drei neue Feiertage einführt: Maria Denunziata, Maria Haussuchung und Maria Gefängnis." Witze auf Kosten der Nazis zu erzählen oder – noch schlimmer – sie zu sammeln war lebensgefährlich. Erst galt es als Verstoß gegen das Heimtückegesetz, ab 1939 konnte es auch als Wehrkraftzersetzung bestraft werden. Von Haft bis zum Todesurteil war alles möglich.

In Christian Rathners Dokumentation erzählt und interpretiert Alfred Dorfer Flüsterwitze und Zeitzeugen steuern Erinnerungen bei. Brigitte Bailer, ehemals Leiterin des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstands, erläutert die zunehmend verschärften juristischen Sanktionen gegen die Witze-Erzähler, und der Wiener Schriftsteller Doron Rabinovici beleuchtet den jüdischen Witz im Angesicht des Grauens. Noch ein Beispiel von damals: "Was ist ein medizinisches Wunder? Die meisten Österreicher. Sie können aufrecht gehen, obwohl sie längst kein Rückgrat mehr haben."

Am Donnerstag, dem 24. November, führt Dorfer um 21.05 Uhr in ORF 2 auch durch die "Menschen & Mächte"-Doku über "Flüsterwitze im Kommunismus".