Er hat ein harmloses Gesicht, übernimmt aber oft Rollen, für die das nicht gilt: Der 29 Jahre alte Schauspieler Florian Bartholomäi, der auch im 1000. Fall am Sonntagabend als Ex-Soldat und Taxifahrer zu sehen war, ist der häufigste Mörder in der "Tatort"-Geschichte. In sechs Folgen der Krimireihe war er der Täter, sieben Leichen gingen dabei auf sein Konto, wie der "Tatort-Fundus" ermittelte.

Zwölfmal spielte Bartholomäi seit 2005 bereits im "Tatort" mit. "Ich bin privat eigentlich ein ganz lieber Kerl", sagt der gebürtige Frankfurter, der in Berlin lebt. Er lasse nur bei der Arbeit alle Schlechtigkeiten raus. Und es sei natürlich immer spannender, den Täter zu spielen als die Leiche. "Ich habe einen Hang dazu, zerrissene, einsame Charaktere zu lieben, die hilflos sind und nach was suchen." Er wisse aber nicht, warum Leute das in ihm sehen.

"Ein gefundenes Fressen"

"Irgendwie mag ich das gerne, die Abgründe von Leuten kennenzulernen und sie erstmal nicht in eine Schublade zu stecken, sondern zu schauen: Wie kam es dazu? Wie wurde eine Seele so verwirrt, dass jemand am Ende zuschlägt oder zusticht oder was auch immer. Das ist sehr spannend: Eins führt zum anderen. Und dann ist es Tragik. Und das ist immer ein gefundenes Fressen für einen Schauspieler."

In seinen bisherigen Täterrollen im "Tatort" hat Bartholomäi seine Opfer unter anderem ertränkt, erschlagen, erwürgt oder die Treppe hinuntergestoßen. Er sagt dazu: "Da gab es sicherlich auch einige Male den Opfertäter, der sagt 'Ich hab ihn nur geschubst' und der unschuldig in eine Situation hineingeriet, aber auch Rollen, wo ich ein aktiver Täter war. Es ist schön, wenn man eine große Bandbreite an Tätern abdecken kann."

Seitenwechsel

Besonders eindrucksvoll agierte Bartholomäi im Dortmunder "Tatort"-Krimi "Auf ewig Dein" (2.2.2014), in dem er einen Kindermörder mimte, der zwei kleine Mädchen stranguliert und sich auch an Kommissar Peter Faber (Jörg Hartmann) rächen will. Welche Täterschaft ihm noch fehlt? "Ich habe bisher noch niemanden erschossen, dazu kam es einfach noch nicht."

Und wie sieht es aus mit einem Seitenwechsel? Möchte er eines Tages gar "Tatort"-Kommissar werden? "Ich bin ein sehr neugieriger Mensch und ich glaube, das sollten Kommissare auch sein. Und so eine Rolle würde mich natürlich in Zukunft reizen. Na klar!"

Zurzeit laufe in England eine BBC-Miniserie ("The Missing") mit ihm als Kommissar, die nächstes Jahr auch in Deutschland bei Sky zu sehen sein soll. Da spiele er einen jungen, grundguten Ermittler. Es sei sehr erfrischend gewesen, mal die andere Seite zu spielen.

Die "Tatort"-Täterstatistik

Kurz hinter Bartholomäi stehen darin Schauspielerkollegen wie Dieter Kirchlechner, Dietrich Mattausch, Helmut Zierl, Götz Schubert und Arnd Klawitter, die in jeweils fünf Folgen der Täter waren. Auf vier Täterrollen bringt es zum Beispiel Jürgen Vogel, dreimal waren Schauspieler wie Rolf Hoppe, Dominique Horwitz, Uwe Bohm, Thomas Thieme, Lars Eidinger, Johann von Bülow oder Felix von Manteuffel der gesuchte Schuldige. Häufigste Darstellerinnen von weiblichen Tätern - jeweils in drei Folgen - waren die Schauspielerinnen Ina Weisse und Bibiana Beglau.

Insgesamt ist die Statistik der Mörder männerdominiert. Für 75 Prozent (1.714) der vom "Tatort-Fundus" gezählten 2.280 Leichen in 1.000 Filmen waren Männer verantwortlich, für 20 Prozent (459) Frauen. In fünf Prozent der Fälle (107 Mal) blieb der Täter unbestimmbar.

Nimmt man übrigens nur die Zahl der Leichen als Anhaltspunkt, landet der Schauspieler Jerry Hoffmann (27) ganz vorne: Allein im Bremer "Tatort" mit dem Titel "Der hundertste Affe" (16.5.2016) vergiftete er 19 Menschen.

Von Gregor Tholl/dpa