Selbst viele derjenigen, die nicht zum Stammpublikum des Senders zählen, wissen längst von dem neuen Format, das erst ab nächster Woche auf uns zukommt: Die Werbekampagne für den neuen ORF-Krimivierteiler "Pregau" scheint aufgegangen zu sein. Während die ersten beiden Episoden Montagabend in der Wiener Albert Hall präsentiert wurden, muss sich das Publikum bis zur TV-Ausstrahlung am 26. September gedulden (ORF eins, 20.15 Uhr). Aber das Warten auf die Premiere der hervorragend besetzten ORF-/ARD-Produktion lohnt sich. Vor allem für die Hunderttausenden Krimifans in Österreich, die beinahe jeden Sonntag den "Tatort" zum meistgesehenen fiktionalen Format der Woche machen. Allerdings ist für "Pregau" etwas mehr Zeit, als bloße 90 Minuten mitzubringen. Vor allem weil es zwischen Maximilian Brückner, Ursula Strauss, Robert Palfrader, Patricia Aulitzky, Wolfgang Böck, Zoè Straub, Armin Rohde u.v.a. mehrere Handlungsstränge gibt, die auch auserzählt werden. Darüber hinaus nahm sich der deutsche Regisseur Nils Willbrandt auch für die Figurenzeichnung viel Zeit - kein Charakter bleibt blass.
Die Auswirkungen: Szenen die in einem klassischen Krimi oft nur wenige Momente dauern, bekommen in "Pregau" mehrere Minuten Zeit. Sei es die nervenaufreibende Durchsuchung eines scheinbar verlassenen Bordells oder ein achtminütiger Dialog (ohne Zwischenschnitt!) zwischen Brückner und Palfrader. Episode eins führt nicht nur in die Geheimnisse der Pregauer ein, sondern stellt auch den großen Cast vor. Das kostet etwas an Dynamik. Spätestens im Laufe von Folge zwei dürfte das Publikum aber vollends in ein mitreißendes, düsteres Krimiabenteuer kippen.
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Die Geschichte rund um die folgenschwere Entscheidung eines Polizisten (Maximilian Brückner), den Zerfall einer Familie sowie die undurchsichtigen Geschäften mit einem Bordell und einer Tierkörperverwertung ist zwar nicht unkompliziert, aber nervenaufreibend spannend und großteils authentisch gespielt. Womöglich stößt sich der ein oder andere Zuseher an manch brutaler Szene. In den "Tatorten" geht es allerdings Sonntag für Sonntag nicht weniger blutig zu.
Wer trotz der verschachtelten Handlungsstränge am Fernsehbildschirm noch Zeit für Spielereien am Handy hat, dem bietet der ORF eine App zu "Pregau". Laut Entwickler ist sie "Lügendetektor und Online-Profiler in einem". So lässt sich mit ihr etwa während des Krimis feststellen, welche Figur die Wahrheit sagt. Außerdem hilft Gerichtspsychiater Reinhard Haller via App dabei die Rollen und ihre Geschichte zu charakterisieren.
Zu viel verrät die Software natürlich nicht, nur etwas mehr über die eigentliche Geschichte und einige Hintergründe. Dafür, dass man trotz der App den Fall nicht vor der TV-Ausstrahlung der finalen Folge am 4. Oktober löst, will man beim ORF gesorgt haben. Andernfalls hätte sich der Sender selbst ausgetrickst.
Christoph Steiner