Zumeist sind es ja die kleinen Dinge im Leben, die unser Leben regelmäßig bereichern und uns glücklich stimmen. Bei dem österreichischen Roadmovie „Reiseckers Reisen“ gilt das für Macher und Publikum: Michael Reisecker vertraut auf die Minikamera in seiner Brille (und seine große Empathie), um interessante Menschen vorzustellen. Die Zuseher freut das schon drei Staffeln lang und das obwohl, der Sendeplatz traditionell alles andere als seherfreundlich ist. Staffel vier läuft ab Dienstagnacht immer zwischen 23.20 und 23.30 Uhr. Der Auftakt führt Reisecker nach Wien an die Alte Donau (ORF eins, 23.30 Uhr). Hier ein Rückblick auf seinen Trip an den Wörthersee von 2014:
Schon am 27. September und am 4. Oktober geht Reiseckers Reise in einer Doppelfolge nach Italien an den Lieblingsstrand so vieler Österreicher – nach Lignano. Für Reisecker war der 10-tägige Dreh ein Experiment: „ Ich wollte Österreicherinnen und Österreicher im Urlaub entdecken und war mir im Vorfeld unsicher, ob denn das vom Zugang her so einfach geht, wie in den österreichischen Regionen“, erzählt der Oberösterreicher. „Im Zuge des 10-tägigen Drehs habe ich aber ein Sammelsurium an Bundesländlern mit interessanten Geschichten getroffen, mit einer ganz eigenen, anderen Qualität: Die Geschichten spiegeln irgendwie die österreichische Urlaubs-Seele wieder und sofern man die Adria selbst mal als Urlaubsziel erlebt hat, wird man sich leicht wiederfinden“, gibt Reisecker einen kleinen Vorausblick auf das Lignano-Special. Am dem 11. Oktober bereist er mit seinem Format, das von „Gernstl unterwegs“ im Bayerischen Rundfunk inspiriert ist, wieder Österreich.
Über die Jahre hat Reisecker sein ursprünglich analoges Equipment zwar digitalisiert, die Brillenkamera ist aber stets dieselbe: „Dieses nicht perfekte ,look & Feel‘ ist Teil der Sendung. Es geht mir mehr um das Innere, als um die Oberfläche. Am Schnitt merken wir auch immer wieder, dass Kamera-Nachteile, wie etwa Wackeln oder eine schlechte Auflösung, sekundär werden, sobald sich eine Geschichte auf der Ton-Ebene gut erzählt.“ Auf Ablehnung stößt Reisecker bei seinen spontanen Interviews fast nie: „Nach über 900 Begegnungen erinnere ich mich nur an wenige, die prinzipiell kein Interesse hatten. Vielleicht maximal zehn. Meist sind es zeitliche Gründe. Die geringe Anzahl überrascht mich immer wieder, wenngleich es schon so ist, dass es vom Wald so zurückkommt, wie man rein schreit, sprich ich merke dass sich meine Stimmung massiv spiegelt. Bin ich positiv und offen, kommt es meist so zurück.“
Für eine klassische Folge hat Reisecker maximal sechs Drehtage. Bis eine Episode finalisiert ist, dauert es drei bis vier Wochen: „Ich bin für zehn neue Folgen etwa zehn Monate beschäftigt und verbringe 110 Nächte im Jahr auswärts.“ Von „Reiseckers Reisen“ kann er leben: „Als Kunststoff-Techniker in der Forschung, wo ich mal war, würde ich vermutlich zwar ein mehr an Geld verdienen, aber ich bin zufrieden, dass ich als Dokumentarfilmer davon leben kann und es bereichert mich immens. Ich bekomme hin und wieder lukrative Werbeangebote, die mich zwar freuen, die ich aber aus Prinzip ablehne. Es geht mir um Menschen & ihre Geschichten - dafür verwende ich meine Kamerabrille im Rahmen von ,Reiseckers Reisen‘. Ich bin Dokumentarist und könnte nicht mehr in den Spiegel schauen, wenn ich mich und die Kamerabrille für einen Konzern und Geld missbrauchen würde“, sagt er ganz idealistisch. Die späte Ausstrahlung im ORF stört Reisecker kaum: „Natürlich wäre mir im Sinne der Seherinnen und Seher eine frühere Beginnzeit immer lieber, aber dank ORF-TVthek und Flimmit spielt die tatsächliche Ausstrahlungszeit eine immer kleinere werdende Rolle.“
An eine fünfte Staffel im Jahr 2017 glaubt er fest: „Generell möchte ich ,Reiseckers Reisen‘ zukünftig europäischer und weltlicher werden lassen. Sprich, nach wie vor Österreich-Folgen, aber immer wieder Auslands-Specials. Reisen bedingt für mich eine Weltoffenheit und die braucht es in der aktuellen Zeit meiner Meinung nach mehr denn je, egal in welcher Form.“
Christoph Steiner