ÖVP-Generalsekretär Werner Amon teilt die Begeisterung von SPÖ-Medienminister Thomas Drozda über das neue ORF-Direktorium nicht. "Man muss aufpassen, dass keine Sternschnuppe aus dieser Sternstunde wird", sagte er am Freitag im Ö1-"Mittagsjournal" als Reaktion auf Drozdas entsprechende Aussage. Die sei "fast ein bisschen bezeichnend".
Drozda hatte das Ergebnis der Direktoriumswahl Donnerstagabend mit den Worten "das ist schon nahe an der Sternstunde" kommentiert. "Offenbar hat die SPÖ hier massiv Einfluss ausgeübt und hat eine gewisse Wirkung entfaltet", so Amons Interpretation der Ereignisse. "Das nehmen wir jetzt einmal zur Kenntnis."
Der ORF-Redakteursrat betrachtet die Bestellungen unterdessen mit gemischten Gefühlen. Positiv wurde in einer Stellungnahme die Kür von Andreas Nadler vermerkt: ein "ausgewiesener Experte aus dem Haus". Auch, dass mit Kathrin Zechner und Monika Eigensperger zwei Frauen im Direktorium sitzen, "denen das Programm ein echtes Anliegen ist", wird gelobt. Erfreut sind die Redakteure außerdem über "die breite Mehrheit im Stiftungsrat für das Team".
ORF-Redakteure mit Appell
Beklagt wird allerdings das "unwürdige Schauspiel" im Vorfeld der Wahl: "Mehr oder weniger öffentliche Forderungen der Parteien nach Posten und Positionen im ORF im Gegenzug für die Zustimmung zum Direktoriums-Paket und der zur Abstimmung anstehenden Programmentgelt-Anpassung". Die öffentlichen Diskussionen seien extrem schädlich für das Ansehen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks" gewesen. "Es entsteht in der Öffentlichkeit der Eindruck, dass es vor allem die Politiker sind, die sich das Personal im ORF aussuchen können."
Dass es keine Einigung zwischen SPÖ und ÖVP gegeben habe, müsse man "vor diesem problematischen Hintergrund regelrecht begrüßen", hieß es weiter: "Wir appellieren an alle Verantwortlichen, dass auch bei künftigen Abstimmungen - etwa über die anstehende Gebührenanpassung - keine politischen Gegengeschäfte gemacht werden und die Stiftungsrats-Mitglieder im Sinne des ORF entscheiden, so wie es das ORF-Gesetz verlangt."
"Besonders kritisch" sieht der Redakteursrat die Besetzung der Landesdirektionen. Dass zwei der neun Landesdirektoren auf Wunsch von Landeshauptleuten ausgetauscht wurden, sei "ein katastrophales Zeichen für den unabhängigen Journalismus". Die Redakteursvertretung fordert daher unter anderem die Abschaffung des "Anhörungsrechtes" der Landeshauptleute, eine Verkleinerung und "Entpolitisierung" des Stiftungsrates und mehr "echte Mitbestimmungs- und Mitspracherechte der Redaktionen. Auch bei der Erstellung der künftigen Struktur will man besser eingebunden werden.