Die Kessler-Zwillinge standen auf der ganzen Welt auf der Bühne, traten mit Frank Sinatra auf und sind auch mit 80 gefragt wie eh und je. Der Medienrummel um die blonden Wahl-Münchnerinnen ist groß. Alice und Ellen Kessler sind im Interview-Stress. Kurz vor ihrem 80. Geburtstag am 20. August können sich die Tänzerinnen vor Anfragen kaum retten, wie sie der Deutschen Presse-Agentur berichten.
Jürgens-Musical
Gerade auch bei italienischen Medien sind die Zwillingsschwestern begehrt. Alice und Ellen Kessler, die bis Ende Juni im Musical "Ich war noch niemals in New York" mitspielten, freuen sich über den Rummel - sind aber auch froh, wenn wieder Ruhe einkehrt.
Ob in deutschen Fernsehshows, in New York, Las Vegas, Sydney, Hongkong, Monte Carlo oder Rom: Alice und Ellen Kessler haben für Furore gesorgt. Die schlanken, langbeinigen Blondinen galten als der fleischgewordene Männertraum. Nicht einmal 20 Jahre alt waren die beiden, als sie in Paris ihre Karriere starteten. Die Balletttänzerinnen hatten schon als Jugendliche ihr erstes Engagement in Düsseldorf. Dort entdeckte sie der Direktor des berühmten Lido. Wenig später standen sie in dem Varieté auf den Champs-Élysées auf der Bühne.
Welttournee
In den 60er Jahren gingen die Kessler-Zwillinge weltweit auf Tournee, verlegten ihren Wohnsitz nach Rom und traten mit Fred Astaire, Frank Sinatra und Harry Belafonte auf. Als ihren wohl größten Erfolg betrachten sie das Musical "Viola violino viola d'amore", mit dem sie in Italien auf Tour waren. "Das hatte uns damals keiner zugetraut. Und dann wurde es ein Riesenerfolg", erzählt Alice Kessler. Zu der Zeit standen die beiden häufiger in Italien auf der Bühne als in Deutschland.
Heute leben die Schwestern, die beide nie geheiratet haben, gemeinsam in einem Haus im Münchner Promivorort Grünwald. Jede hat dort ihren eigenen Bereich, durch eine Schiebetür getrennt. So können sie sich jederzeit sehen - oder eben auch nicht. Zuhause wollen sie auch ihren 80. Geburtstag verbringen. "Im engen Freundeskreis. Das wird keine Riesenfeier", sagt Alice.
Show-Export
Die in der Nähe von Leipzig geborenen Entertainerinnen gehören zu den erfolgreichsten deutschen Show-Exporten. Sie tanzten erst in der DDR, nach der Flucht der Familie in den Westen in Düsseldorf. Der Vater hatte sie zu Ballett und Gesang animiert. Eigentlich hätten sie gar nicht auf die Bühne gewollt.
Die Auftritte mit Sinatra und Dean Martin in Las Vegas gehörten zu den Höhepunkten ihrer Karriere, sagt Alice Kessler. Sinatra sei sehr höflich ihnen gegenüber gewesen. "Weil wir ihn in Ruhe ließen. Wir haben ihn nicht bedrängt." Er sei ja stets von allen Seiten bestürmt worden. "Wir haben uns sehr zurückgehalten und da ist er auf uns zugekommen." Dean Martin sei auf die Bühne gekommen, habe seine Show gemacht und sei schnell wieder weg ins Bett. "Weil er jeden Morgen um sieben Uhr Golf gespielt hat."
Bis heute sind die Schwestern im Showgeschäft aktiv. Zuletzt traten sie in Berlin, München und Wien im Udo Jürgens-Musical "Ich war noch niemals in New York" auf. Allerdings nicht gemeinsam, sondern sie wechselten sich bei der Rolle ab.
Ohne einander hätten sie es vielleicht gar nicht über so lange Zeit geschafft, auf der Bühne zu stehen, sagt Alice und fügt an: "Im Doppelpack unterwegs zu sein, hat nur Vorteile. Zusammen ist man stärker."