Quotenhits sehen anders aus: Die Präsentation der Konzepte der beiden Bewerber um den ORF-Chefsessel erwies sich - wie erwartet - als staubtrockene Live-Sendung auf ORF III. Gesendet wurde "im Standard-Info-Setting" vor Publikum, nämlich Mitarbeitern und den Mitgliedern von Stiftungs- und Publikumsrat des ORF. Die Sendung ist in der TVthek abrufbar.
Durch Losentscheid hatte die ersten 15 Minuten (ein rasierter) Alexander Wrabetz zur Verfügung. Und verwies immer wieder auf Dienstag, wo er vor dem 35-köpfigen Stiftungsrat ins Detail bei den Vorhaben gehen werde. Als "Zentralanstalt der österreichischen Identität" will er den ORF erhalten, die ORF-Radios (mit der "Perle Ö1") sollen "Heimatsender" bleiben. Wie später Richard Grasl zeigte er anhand von Fotos der letzten zwei Papst-Wahlen das veränderte Konsumentenverhalten (2005 war auf dem Petersplatz kein Smartphone zu sehen, 2013 Tausende). Bei konkreten Programmvorhaben war Wrabetz sparsam. Der Info-Anteil im Programm von ORF eins soll deutlich angehoben werden, ORF 2 soll noch erklärender werden - auch historisch ("Nur wer Zeitgeschichte versteht, kann Herausforderungen der Zukunft bewältigen").
Richard Grasl verwies schon eingangs, dass er das Unternehmen von all seinen Seiten kenne und früher ja selbst als Moderator vor der Kamera gestanden ist. Beworben habe er sich, "um die Komfortzone" zu verlassen, denn er "hätte wohl eine gute Chance gehabt", fünf weitere Jahre ORF-Finanzdirektor zu bleiben. So könne "Magisches" als Veränderung entstehen. Inklusive einer "Informationsexplosion" im Programm von ORF eins und einer neuen Einsatzgruppe für aktuelle Ereignisse (wie zuletzt etwa beim Putschversuch in der Türkei), die innerhalb von 24 Stunden eine Hauptabendsendung auf die Beine stellen. Das Publikum wolle ebenfalls die Veränderung will Grasl in Telefonstunden mit dem Publikum feststellt haben. Er sieht seinen Auftrag darin, den ORF "unverwechselbarer" zu machen. Dank mehr "Braunschlags", mehr "Vorstadtweiber", einer um fünf Minuten längeren Zeit im Bild 1 und eines 24-stündigen ZiB-Senders online. Grasl will auch den "Club 2" (1976 bis 1995) wiederbeleben ("Club 2.0"), das hat allerdings schon von 2007 bis 2012 nicht zufriedenstellend funktioniert.
"Gebührengeld ist ihr Geld, das wir sorgsam einsetzen", sagte Grasl dem Publikum und daher soll die Verwaltung des Senders "verschlankt" werden. Aufhorchen ließ der Niederösterreicher mit seinem ausdrücklichem Lob für Fernsehdirektorin Kathrin Zechner und seinem Angebot an den amtierenden Senderchef: Grasl will im Falle seines Siegs Alexander Wrabetz im ORF halten (z. B. für Agenden im Rahmen der EBU/Eurovisionssendungen).
Erst am Dienstag vor dem Stiftungsrat werden Wrabetz und Grasl jeweils das Geheimnis lüften, mit welchem sonstigen Direktoriumsteam die neue Geschäftsführungsperiode ab 1. Jänner 2017 bestritten werden soll. Obwohl diese Posten erst ausgeschrieben werden und am 15. September die Bestellungen erfolgen.