Ohne Überraschungen dürfte um Mitternacht die Ausschreibungsfrist für den Posten des ORF-Generaldirektors zu Ende gegangen sein. Der amtierende Generaldirektor Alexander Wrabetz und ORF-Finanzdirektor Richard Grasl gelten weiter als aussichtsreichste Kandidaten aus dem Bewerberfeld.

Konkrete Infos über die inhaltlichen Konzepte der beiden Bewerber sowie über weitere Kandidaten sollten im Laufe des Freitag bekannt werden. Neben Wrabetz und Grasl kündigte bislang nur Kabarettist Florian Scheuba seine Bewerbung um den ORF-Chefposten an (Details hier). Konkretisiert haben sich seine Pläne seit der Ankündigung in "Wir Staatskünstler" nicht. Im Gespräch mit der Kleinen Zeitung bekräftigt Scheuba seine Ambitionen sich zu bewerben (mit Robert Palfrader als Finanzdirektor und Thomas Maurer als Programmdirektor): "Aber noch haben wir keinen Stiftungsrat gefunden, der uns dann auch für das entscheidende Hearing am 9. August empfiehlt. Aber es gibt ja noch die Nachnominierungsfrist bis Montagmittag."

Allerdings benötigt Scheuba auch dafür die Fürsprecher aus dem 35-köpfigen ORF-Stiftungsrat. In "Wir Staatskünstler" am 7. Juni in ORF eins hatte Hans-Peter Haselsteiner dem Kabarettisten noch zugesichert, ihn für das Hearing vorzuschlagen: "Seither hat er aber nichts mehr von sich hören lassen", sagt Scheuba über Stiftungsrat Haselsteiner. Kolportiert wird unterdessen eine Bewerbung um den ORF-Chefposten von YouTube-Satiriker Georg Anton.

Die "Staatskünstler" wollen den ORF leiten, finden aber keine Fürsprecher
Die "Staatskünstler" wollen den ORF leiten, finden aber keine Fürsprecher © ORF

Fernsehdirektorin Kathrin Zechner schloss zuletzt eine Bewerbung aus, und auch Online-Chef Thomas Prantner zerstreute am Donnerstag Spekulationen, er könnte antreten, um mit einer taktischen Kandidatur Grasl Stimmen wegzunehmen. "Dieses Gerücht ist falsch. Ich werde mich nicht um die Funktion des Generaldirektors bewerben", so Prantner, der als Verbindungsmann zur FPÖ gilt und für einen Platz im ORF-Direktorium im Gespräch sein soll.

Mit namhaften Bewerbungen internationaler Medienmacher rechneten Fernsehexperten erst recht nicht. Zu sehr hat sich Österreichs Politik in den vergangenen Wochen in den ORF-"Wahlkampf" eingebracht. Wrabetz wird von der SPÖ unterstützt, Grasl von der ÖVP. SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern meinte etwa, dass er "ganz klar" für den Verbleib von Wrabetz sei. SPÖ-Medienminister Thomas Drozda erklärte, dass Wrabetz "hoch qualifiziert" sei und er im Stiftungsrat mit einer neuerlichen Mehrheit für den ORF-Chef rechnet. ÖVP-Generalsekretär Peter McDonald wiederum nannte Grasl einen "rundum geeigneten Kandidaten, den man sich im ORF nur wünschen kann".

ORF-Redakteurssprecher Dieter Bornemann sprach am Donnerstag in der "Presse" von einer "unerfreulichen Situation", weil der Eindruck entstehe, es gehe um eine Match zwischen SPÖ und ÖVP. "Viele Leute haben den Eindruck, es geht darum, welche Partei sich durchsetzt, und nicht, welches Konzept das bessere ist", sagte Bornemann.

Kandidaten am 8. August in ORF III

Gewählt wird der neue ORF-Generaldirektor am 9. August durch den 35-köpfigen ORF-Stiftungsrat. 18 Stimmen sind für eine Mehrheit notwendig. Die Mitglieder des Gremiums werden von Regierung, Parteien, Bundesländern, ORF-Publikumsrat und Betriebsrat beschickt und sind - abgesehen von wenigen Ausnahmen - in parteipolitischen "Freundeskreisen" organisiert.

SPÖ und ÖVP können derzeit auf je 13 Vertreter zählen. FPÖ, Grüne, NEOS und Team Stronach haben je einen Stiftungsrat. Der von BZÖ/FPK bestellte und von der SPÖ-geführten Landesregierung verlängerte Kärntner Stiftungsrat sowie vier Unabhängige komplettieren das Gremium. Wegen der knappen Mehrheitsverhältnisse ist der Ausgang der Abstimmung offen. Den Ausschlag dürften die Vertreter der Opposition sowie die Unabhängigen im obersten ORF-Gremium geben.

Während sich im Rahmen der offiziellen Ausschreibung keine Überraschungen abzeichnen, könnte es Anfang nächster Woche noch einmal spannend werden. Nach dem Ende der Ausschreibungsfrist Freitagnacht sind nämlich bis Montagmittag noch Nachnominierungen durch Stiftungsräte möglich.

Am 8. August findet eine von ORF III übertragene öffentliche Präsentation der Bewerber statt. Das nicht öffentliche Hearing mit den ORF-Stiftungsräten läuft am 9. August. Danach wählen die 35 Stiftungsräte in offener, nicht geheimer Abstimmung den neuen ORF-Chef.