Elon Musk hat den Vogel abgeschossen. Als er vor zwei Jahren die Social-Media-Plattform Twitter mit dem blauen Vogel als Logo übernahm, diesen sowie den Namen der Plattform durch „X“ ersetzte, sorgte er bei vielen Nutzerinnen und Nutzern für Unbehagen. Schon im März 2024 zeigten Daten der Edison Research, dass die Nutzerzahlen von „X“ im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent zurückgingen.
Musk verliert Nutzer
Zu einer Trendumkehr kam es seither nicht. Die Entwicklungen der letzten Tage zeigen: Das Fass ist übergelaufen. Spätestens seit der US-Präsidentschaftswahl verlassen Journalisten, Meinungsmacher und Meinungsmacherinnen in Scharen „X“ und wechseln unter dem Label „eXit“ (Ausgang) zum vom Schmetterling gezierten Netzwerk „BlueSky“. In der ersten Novemberwoche kamen 700.000 Nutzer neu zu „BlueSky“. Für Musk ist der Aderlass schmerzhaft. „Musk betreibt X nicht aus ökonomischen, sondern vielmehr ideologischen Motiven. Wenn ihm nun nach und nach wichtige Meinungsmacher wie Journalisten, Medien oder Stars abhandenkommen, schadet das natürlich dem Bild“, sagt Social Media-Expertin Ingrid Brodnig.
Überraschend kommt die Bewegung für sie nicht: „X ist in den letzten Wochen, Monaten und Jahren immer schlimmer geworden“. Rechtsextreme Kanäle wurden wieder freigeschaltet, Moderations- und Informationsmöglichkeiten wurden beschränkt. „Man kann nicht jede Plattform retten“, sagt Brodnig auch über ihren eigenen „eXit“. Man müsse sich nicht alles gefallen lassen und könne Alternativen suchen.
Optisch unterscheidet sich „BlueSky“ nur minimal von „X“. Postings, Reposts und Likes funktionieren gleich. Überraschend ist das nicht. Gegründet wurde die Plattform nämlich von Jack Dorsey, jenem Mann, der einst auch Twitter gegründet hat. Anders ist: Nutzer können in selbstdefinierten Unterkategorien, wie Politik, Wissenschaft oder Kultur, folgen. Die Ähnlichkeit kann für „BlueSky“ zum Trumpf werden, meint Brodnig – je leichter eine Plattform zu bedienen sei, desto mehr Zulauf kann sie bekommen. Andere „X“-Alternativen wie Mastodon, das 2022 einen kurzfristigen Aufschwung erlebte, hatten womöglich den Nachteil, eine Spur umständlicher zu sein.
Zu früh will Brodnig aber auch „BlueSky“ nicht loben. Mit dem Wachstum werden auch auf „BlueSky“ Herausforderungen wie Hasskommentare zukommen. Es werde die Zeit zeigen, ob es der Plattform im Gegensatz zu „X“ gelingt, diese genügend zu beschränken bzw. zu moderieren. Der große Vorteil von „BlueSky ist nun, dass man nicht „X“ ist, meint Brodnig. Nimmt man die negative Entwicklung der Plattform, mit der personenzentrierten Eigentümerstruktur, als Warnung, hat man die Chance sich als Alternative zu behaupten.