„Wuits ihr beschreibn, wos i bin? Lossts as bleibn, des hod gor kan Sinn“, singt Andreas Gabalier in jenem Lied aus 2011, das seinen zweiten Namen trägt: „VolksRock‘n‘Roller“. Leicht ist es, die Erfolge, ja Rekorde des Steirers aufzuzählen: Wie das Open-Air vor 100.000 Besuchern in München im Sommer 2022, wo ein in österreichischer Künstler zuvor noch nie so viele Karten für ein einziges Konzert verkaufen konnte. „Ich empfinde Stolz und Freude. Die sind alle wegen einem da“, erklärte er damals und fügte schmunzelnd hinzu. „Das alles wegen einem Lausbuam.“
Oder wie die Single „Hulaplau“, die sich allein in Deutschland mehr als 1,2 Millionen Mal verkaufte. Oder wie die Liste seiner Auszeichnungen, vom Bambi über den Amadeus bis zum Echo. Doch auch wenn man Andreas Gabalier als Entertainer auf der Live-Bühne oder aus TV-Shows wie Silbereisens „Schlagerboom“ kennt, lässt sich der Mensch dahinter nur in Umrissen fassen.
Wie beschreiben ihn also Familienmitglieder und langjährige Wegbegleiter? „Andi hat eine innere Ruhe und Gelassenheit, dafür beneide ich ihn“, erzählt sein älterer Bruder, der Profitänzer und Moderator Willi Gabalier (43), und ergänzt: „Er lässt sich nicht verbiegen, ist konsequent und mutig und bei all seinem Erfolg ein sparsamer Mensch“.
„Kennengelernt habe ich den Andreas als jungen, relativ schüchternen, aber bereits vom Leben geprägten Menschen, der am Anfang noch ganz unbedarft an die Sache herangegangen ist, aber sich schnell in dieses Business hineingefunden hat und sich auf seinem Weg auch immer treu geblieben ist“, erinnert sich sein Pressebetreuer Sepp Adlmann.
Als Startmotoren für die außergewöhnliche Karriere nennt Adlmann neben dem Grand Prix der Volksmusik im Jahr 2009 und der Ballade „Amoi seg‘ ma uns wieder“ vom Debütalbum auch die Teilnahme am TV-Format „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“ 2014 auf Vox: „Da sang er neben deutschsprachigen Größen wie Sarah Connor, Roger Cicero und Xavier Naidoo und erreichte durch die Emotionen ein neues und größeres Publikum“, blickt Adlmann zurück.
Mit „vom Leben geprägt“ meint Adlmann die Schicksalsschläge, mit denen die Familie Gabalier umgehen musste. Denn von einem Tag auf den anderen ist das Idyll auf ganz brutale Weise zerbrochen. 2006, Andreas war damals 22 Jahre alt, beging der Vater auf dramatischste Weise Selbstmord – Selbstverbrennung; Tochter Elisabeth folgte ihm zwei Jahre später auf die gleiche Weise nach. „Irgendetwas muss meinen Vater so gemartert haben, dass er diesen Schritt gesetzt hat. Was das war, weiß ich nicht“, erklärte Andreas 2016 in einem Interview mit der Kleinen Zeitung.
Nach den beiden Tragödien begann er, Lieder zu schreiben. Stimmungsmacher und Balladen. Was wie eine Therapie für ihn ist und war. In seinen Liedern kreuzt er volkstümliche Musik mit Poprock und Country-Elementen. Und singt dabei gerne über die Heimat. Wodurch man ihn mitunter ins rechte Eck drängen wollte. „Ich habe es oft als sehr traurig empfunden, dass mir meine Heimatverbundenheit als rechtes Denken ausgelegt wird. Ich bin bei weitem nicht rechts“, hielt er immer wieder fest – mit der Klarstellung: „Ich möchte gar nicht jedem gefallen!“. Er findet es vor allem auch traurig, dass „die Gesellschaft so gespalten ist“.
Sein Anliegen sei es, mit der Musik und dem Lebensgefühl „die Leute zusammenzubringen. Früher gab es auch unterschiedliche politische Einstellungen. Es ist diskutiert und manchmal laut geworden, aber danach saß man wieder zusammen. Dieses Draufhauen auf alles, was nicht deinem Weltbild entspricht, ist sehr krass geworden“, sagt Gabalier. Und strich seine Hoffnungen erst kürzlich wieder in einem Interview mit dem Schlagerradio Flamingo hervor: „Musik soll doch Abstand von Sorgen, Politik und allen möglichen Problemen schenken und die Leute vereinen.“
Sein VolksRock‘n‘Roll sei „modern gelebte Tradition – zum Teil natürlich mit einem Augenzwinkern“. Wie auch auf der kürzlich erschienenen Single „Jukeboxblues“, für die er „das Gefühl von Nostalgie und Freude einfangen wollte“ und auf der etwa das Grazer Gasthaus „Häuserl im Wald“ zu Ehren kommt, bringe er in vielen seiner Lieder „einfach das eigene Leben zu Papier – einmal etwas ausgeschmückt, dann wieder sehr echt“, gesteht er.
Dass er stark polarisiert, weiß er und bekommt es auch immer wieder zu spüren. Er führt die „Aufwallungen“ meist schlicht auf Neid zurück: „Ich glaube, ich bin einfach einigen zu groß geworden. Mein Erfolg hat eine Dimension bekommen, den es bisher in Österreich noch nicht gab“, konstatiert der Steirer. Und will schon festhalten: „Wenn jeder so tolerant und fleißig wäre wie ich, dann hätten wir keine Probleme innerhalb unserer Gesellschaft.“ Außerdem mache er „das Polarisieren ja nicht wirklich bewusst, das passiert bei einem gewissen Erfolg“, ist er sich sicher.