Auf dem Notizblock, der vor mir liegt steht: „Secret Intelligence. Service Section 303.“ Die Lichter spiegeln sich in der glatten, schwarzen Oberfläche des Tisches. „Dieu et mon Droit“ (Gott und mein Recht) steht auf einem Emblem, der Wahlspruch der britischen Monarchen. In diesem Conference Room 3 wird die Londoner MI6-Agentin Bianca (gespielt von Lashana Lynch) in „The Day of the Jackal“ ihren ersten großen Auftritt haben. Mit sehr viel Liebe fürs Detail wurde dieses Filmset in Budapest aufgebaut – selbst die Mistkübel sind gefüllt. Von außen ist es nur eine wenig charmante, leerstehende Fabrikshalle.
Doch im Inneren drehte Carnival Films/ Universal „The Day of the Jackal“: eine zehnteilige Drama-Serie mit Eddie Redmayne in der Rolle des Auftragskillers Schakal und Lashana Lynch als Agentin Bianca. Produzent Chris Hall nimmt dort Platz, wo im Film Bianca sitzen wird. Hall, ganz englischer Gentleman, produziert den Film und erklärt: „Das hier ist unsere Vorstellung davon, wie MI6 im Inneren aussehen könnte.“ Doch die Serie, die bei uns auf Sky zu sehen ist, stellt keine Mutmaßungen an, sehr viel Recherche steckt in der Produktion.
Der Schakal des 21. Jahrhunderts
Inspiriert von Frederick Forsyths Roman „Der Schakal“ wird die Handlung in die Jetzt-Zeit transferiert. An 200 Drehtagen an vielen Schauplätzen in Europa filmte man das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Schakal und Geheimdienst. Eddie Redmayne ist als Schakal ein Meister der Verwandlung: „Was mich wirklich faszinierte, als ich das Drehbuch las, war, dass der Schakal Deutsch, Französisch, Spanisch sprechen muss. Oder seine Verwandlungen. Ich sah diese Rolle als komplette körperliche Transformation an, ob es die Sprache, der Dialekt, das Kostüm oder das Make-Up waren, alles war herausfordernd.“ Mit Sprachtrainern übte Redmayne die Verwandlung, die man gleich in einer beklemmenden Anfangssequenz der Serie sieht: „Ich kann nur ein paar bestimmte Wörter auf Deutsch. Das Interessante ist, dass ich hier einen fünfundsechzig Jahre alten Deutschen, der Kettenraucher ist, spielen musste.“
Autos haben eine tragende Rolle, da der Profikiller es als Fortbewegungsmittel in Europa bevorzugt. Eine dieser Szenen wird vor riesigen LED Screens in einer weiteren Halle in Budapest gefilmt: dutzende Leute hantieren an den verschiedensten Dingen. Kameras werden in Position gebracht, Special Effects vorbereitet, Eddie Redmayne steht neben dem Auto, das auf einem Podest platziert ist, und nippt an einem Wasser. Dann steigt der Schauspieler ins Auto. Assistant Director Gareth Tandy läuft auf und ab – er war schon bei Fred Zinnemans „Der Schakal“ dabei – hat einen Rucksack geschultert und schreit: „Cameras rolling.“ Rund um das Auto wird die Szenerie abgespielt, die man später im Film sehen wird. Für Familienvater Redmayne ist seine Rolle auch „eine Suche nach der Menschlichkeit“ in bösen Menschen wie dem Schakal.
Die Jagd nach Eddie Redmayne
Gejagt wird er von Lashana Lynch, die schon in „James Bond: No time to Die“ eine Agentin spielte: „Der große Unterschied zwischen Bianca und Nomi ist, dass du mit Bianca für eine lange Zeit lebst. Wir tauchen wirklich tief ein in das Thema von Work-Life-Balance. Sie muss einerseits eine hart arbeitende Agentin sein, doch dadurch ist sie nicht oft zu Hause bei ihrer Familie.“ Dieses Spannungsfeld von Arbeit und Beruf war für Lynch extrem interessant: Die typischen Superhelden-Schemata seien langweilig. Es gehe hier darum, eine echte Person zu zeigen. „Bianca ist von West-London, ich weiß ganz genau was das bedeutet. Meine Mutter musste auch viele Jobs machen, du bist ganz abgelenkt, und dann kommst du nach Hause und musst für deine Kinder ganz präsent sein.“ Willkommen im 21. Jahrhundert, hier machen sich auch Killer und Agenten Gedanken über ihre Work-Life-Balance.