Seit 2008 und dem Sieg von Barack Obama tummeln sich alle zwei Jahre immer noch mehr Österreicher zur Beobachtung der Wahlen in den USA. Das Hauptinteresse gilt dabei der politischen Kommunikation, die sich durch Social Media rasant und enorm verändert. Wie schnell die Ösis lernen, hat soeben die SPÖ erfolglos bewiesen. Kaum hatte Kamala Harris „When we fight, we win“ als Slogan propagiert, wurde Andreas Babler mit „Wenn wir kämpfen, gewinnen wir“ affichiert. Kopieren statt kreieren: Dieses Rezept funktioniert nur, wenn die Hausaufgaben auch bei den Grundlagen gemacht werden.

Im Mediensektor setzen vor allem die Boulevard-Brüder Fellner (Oe24) und Vorarlbergs Eugen Russ (VN) seit Jahrzehnten auf Vorlagen aus den USA. Der Höhepunkt des Medienvertrauens wurde dort 1976 erreicht, der Tiefpunkt vor 14 Tagen ermittelt. Ein Absturz von 72 auf 31 Prozent. Dafür sorgten ab 2016 vor allem Republikaner, doch seit zwei Jahren schwindet die Glaubwürdigkeit journalistischer Nachrichten auch bei Demokraten. Sie hatten zuvor Titeln wie der „Washington Post“ (WP) Rekorde beschert. Ihre Gegner hingegen vertrauten eher Propaganda-Portalen wie Steve Bannons Online-Portal Breitbart.

Diese Doppelperspektive offenbart die Brisanz des Pingpongs zwischen Medien und Politik kurz vor Ende der US-Wahl (über 50 Millionen Stimmen wurden längst abgegeben). Amazon-Gründer und WP-Eigner Jeff Bezos unterband die traditionelle Wahlempfehlung seiner Zeitung parallel zur Haftentlassung von Bannon (er hatte den U-Ausschuss nach dem Sturm aufs Kapitol geschwänzt).

Das eine Signal ist die Anbiederung der liberalen Medienfront an einen allfälligen Wahlsieger Donald Trump, das andere die Freilassung des Großmeisters medial verbreiteter Lügen. Bezos hat grundsätzlich Recht, aber ebenso den falschen Zeitpunkt gewählt wie jene Justiz, die Bannon ausgerechnet jetzt freiließ. Unterdessen definiert Bezos-Rivale und Tesla-Gründer Elon Musk auf seinem Hobby X Medienmachtmissbrauch neu. Anschauungsunterricht für die Austro-Besucher?

Wer die abgründig negativen TV-Kampagnen in den USA verfolgt, muss froh sein, dass der ORF keine Parteispots bringen darf. Die Langeweile des Ösi-Wahlkampfs wirkt wie Balsam neben dieser Niedermache politischer Gegner. Doch der Trend zur Inhaltslosigkeit wurde übernommen. Es geht um Zugehörigkeit zu Gruppen statt um das Beste für möglichst viele. Entsprechend banal ist die Medien-Lehre des US-Wahlkampfs: Ausgrenzendes ahnden, Verbindendes fördern. Wenn jemand das Konstruktivität und Lösungsorientierung nennt, ist das ok. Die USA sind es nicht mehr.