Nicht nur anlässlich des heutigen Thementags von 3sat – „Auf Schienen um die Welt“ mit vielen Zug-Reportagen – muss die Frage gestellt werden: Wohin geht die Reise für den Gemeinschaftssender? Denn anlässlich der geplanten Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland steht, wie berichtet, neben Spartensendern wie One auch die Zukunft von 3sat zur Debatte. Ausgerechnet zum 40. Geburtstag!

Im Dezember wollen die Ministerpräsidenten der deutschen Bundesländer konkrete Schritte bekanntgeben, nach der letzten Konferenz erklärte jedenfalls der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer, dass man „nicht die Fusion von 3sat und Arte beschlossen habe.“ Man habe vielmehr die Schaffung von Arte zu einer europäischen Kulturplattform angeregt und dass 3sat-Inhalte perspektivisch dort eine Rolle spielen könnten. Klingt dennoch nicht nach einem klaren Bekenntnis.

Wie es ORF-Generaldirektor Roland Weißmann abgegeben hat: Er postulierte in einer Aussendung, dass sich „der ORF klar für den Fortbestand von 3sat einsetzt“. Nicht nur, weil damit „hochqualitative TV-Produktionen aus Österreich einem internationalen Publikum zugänglich“ gemacht werden. „Mit 3sat schlagen wir täglich eine Brücke zu unseren deutschsprachigen Nachbarn“, schrieb Weißmann, „dass binnen kürzester Zeit mehr als 140.000 Menschen eine länderübergreifende Petition zum Erhalt von 3sat unterschrieben haben, zeigt, welch große Bedeutung der Sender für die Menschen besitzt.“

Keine Massenbespaßung, dafür werbefrei

Der ORF, der 26 Prozent des werbefreien Programms von 3sat beisteuert (2022 etwa wurden 132.370 Sendeminuten zugeliefert), ist freilich nicht der Hauptgeldgeber. Das sind die ARD und das ZDF, dazu kommt noch ein kleiner Anteil (zehn Prozent) des Schweizer Fernsehens (SRG). Von den rund 25 Thementagen pro Jahr kuratiert der ORF im Schnitt sechs.

Führen durch die „Kulturzeit“: Cécile Schortmann, Vivian Perkovic, Lillian Moschen und Nina Mavis Brunner (von links)
Führen durch die „Kulturzeit“: Cécile Schortmann, Vivian Perkovic, Lillian Moschen und Nina Mavis Brunner (von links) © KK

In Österreich kommt 3sat auf einen Marktanteil von 1,4 Prozent, die durchschnittliche Tagesreichweite beträgt rund 520.000 Zuschauer. Für die der klassische lineare Sender ein lieb gewonnener Wegbegleiter geworden ist. Er bietet keine Innovationen, wird aber verlässlich von früh bis spät einem Anspruch auf gehobene Unterhaltung gerecht. Mit einem Mix aus Kultur, Natur, Wissenschaft und fiktionalen Filmproduktionen sowie (durchgeschalteter) Information („Tagesschau“, ZiB 2 etc.) ist 3sat ein Sammelbecken bzw. eine Abspielfläche der beteiligten Sender. Aber nicht nur.

Es gibt auch originäre Produktionen, die im Auftrag von 3sat entstehen. Wie etwa die Doku-Reihen „Burgen und Schlösser“ oder „Österreichs schönste Täler“, die dann von ORF III zweitverwertet werden, oder die Reihe „Kaminer Inside“. Zum Unique Content zählen vor allem die Vorabendmagazine „Nano“, wo werktäglich Themen aus Wissenschaft und Forschung beleuchtet werden (18.30 Uhr), und „Kulturzeit“ (19.20 Uhr). Letzteres war im Herbst 1995 als Fernsehexperiment gestartet worden und entwickelte sich zum einzigen live produzierten Kulturmagazin im deutschsprachigen Raum. Die Moderatorinnen kommen alternierend von den vier Sendern, als ORF-Beitrag ist Lilian Moschen im Einsatz. „Auch 2025 wird der ORF wieder neue Sendungen exklusiv für 3sat produzieren“, hieß es bei der Programmpräsentation 2024/25.

Live auf 3sat: Der Bachmann-Preis 2024 ging an Schriftsteller Tijan Sila
Live auf 3sat: Der Bachmann-Preis 2024 ging an Schriftsteller Tijan Sila © Helmuth Weichselbraun

An 3sat denkt man natürlich auch sofort beim Bachmann-Preis. Die „Tage der deutschsprachigen Literatur“ sind mit knapp 17 Stunden Übertragungszeit das mit Abstand größte Live-Event auf 3sat. Seit 1989 wird der „Bachmannpreis“ in enger Zusammenarbeit mit dem ORF-Landesstudio Kärnten auf 3sat live übertragen und steht auch 2025 wieder auf dem Programm. Die Live-Übertragungen der Lesungen und Jurydiskussionen in voller Länge sowie der Verleihung des „Ingeborg-Bachmann-Preises“ sind eine in der deutschsprachigen Fernsehlandschaft einzigartige Würdigung der Literatur.

Gründe für den Bestand von 3sat gibt es also genug, eine sanfte Reform der programmlichen Linie mit besser erkennbaren Programmfarben der Wochentage mag allerdings nicht schaden. Ein Verschwinden wäre auch der Ruin für viele kleine Filmproduzenten, die für ihre Dokus (ob zeitgeschichtlich oder im Naturbereich) und Reisereportagen einen wichtigen und treuen Auftraggeber verlieren würden.

Was 3sat kostet, darüber gibt sich der ORF bedeckt. Vom langjährigen 3sat-Chef Gottfried Langenstein gibt es jedenfalls folgende Aussage, die als Einordnung dient: „Mit den Kosten für den Bau eines Sportstadions könnte man zehn Jahre lang 3sat betreiben.“

Eric Mayer ist einer der Moderatoren des Magazins „Nano“
Eric Mayer ist einer der Moderatoren des Magazins „Nano“ © Sellers