Wer US-Wahlkampf hautnah erleben möchte, ist in Kalifornien fehl am Platz. Der bevölkerungsreichste Bundesstaat hält bei Präsidentschaftsduellen treu zu den Demokraten. Seit Bill Clinton 1992 will dazu keine Partei mehr Auftrittsenergie verschwenden. Doch hier sind Hollywood und Silicon Valley. Die bekanntesten Gouverneure Ronald Reagan und Arnold Schwarzenegger waren Republikaner. Es gibt also widersprüchliche Indizien für das immer problematischere Wechselspiel von Medien und Politik.
Ausgerechnet in Carmel-by-the-Sea, wo einst Clint Eastwood als republikanischer Bürgermeister agierte, ist nach tagelangem Road Trip das erste Plakat für die Kalifornierin Kamala Harris zu entdecken. Donald Trump dominiert unterdessen die politisch unkorrekten T-Shirts in Venice Beach, der geriatrisch und kommerziell überfallenen, einst juvenilen und unkonventionellen Strand-Flaniermeile von Los Angeles. Doch wer fernsieht und Sendungen des Ö1 vergleichbaren National Public Radio sucht, glaubt ohnehin, dass das Interesse mehr einer Volksabstimmung für Kalifornien gilt: Staatliche Einmischung in Mieten? Allein die Existenz des Plebiszits wirkt als Ende des amerikanischen Traums von Selbstverantwortung.
Selbstverwirklichung in maßloser Überziehung ist hingegen keine Erfindung von Elon Musk. „Citizen Kane“ galt lang als bester Film aller Zeiten. Das Vorbild für die Hauptfigur des dämonischen Verlegers war Randolph Hearst. Was Xanadu im Film, existiert real nahe Monterey: Hearst Castle – das Manifest eines Superreichen, der alles kann, ohne etwas davon zu verstehen. So wie es Musk heute mit Twitter macht. Um es dann zu X wie Xanadu umzutaufen und als persönliches Instrument zu missbrauchen.
Hearst war einst im Wettstreit mit Joseph Pulitzer um die Meinungshoheit im Land. Weil der eine ein Schloss hinterließ und der andere einen Journalismuspreis, wird gern vergessen, was beide vereint: Sie waren Wegbereiter des Boulevards. Diese Gemeinsamkeit fehlt heute, wenn Amazon-Eigner Jeff Bezos die „Washington Post“ kauft und Tesla-Besitzer Elon Musk Twitter erwirbt. Allein die Umtaufe zu X war ein purer Ego-Trip. Der Rest ist demokratiepolitische Gemeingefährdung. „Der Spiegel“ betitelt das zu Recht mit „Staatsfeind Nummer zwei“ – was Musk prompt zur Aufforderung für ein Attentat verdreht.
Mit Milliardengewinnen aus dem Elektroautobau finanziert der Größenwahnsinnige den Ego-Trip in der Politik. Doch seine Autos sind schick, die Alternativen träg und das Prestige der Fahrer gut. Dieses Image anzugreifen, ist die Killer-App gegen Musk.