Der ORF feiert derzeit auf allen Kanälen 100 Jahre Radio in Österreich. Auch die Fernsehkollegenschaft ist Teil der Party und gratuliert mit dem großen TV-Event „100 Jahre Radio - Die Show“, das am Freitag um 20.15 Uhr auf ORF 2 ausgestrahlt wird. Angelegt als musikalische Zeitreise mit dem Radio-Symphonieorchester (RSO) und Austropop-Stars erwartet das Publikum „eine Verbeugung vor dem Radio und seinen Macherinnen und Machern“, kündigt ORF-TV-Kulturchef Martin Traxl an.
Die mehr als zweistündige Sendung sei nicht nur eine der größten ORF-Fernsehshows der vergangenen Jahre mit rund 100 Mitwirkenden auf der Bühne, sondern zugleich die erste in diesem Umfang, die von der Kultur- und nicht der Unterhaltungsabteilung verantwortet werde, sagt Traxl - vor seiner Bildschirmkarriere selbst einmal Radiomacher - im APA-Gespräch hörbar stolz. Er selbst hatte die Idee dazu. „Radio ist mehr als ein Medium. Radio ist ein Stück Kulturgeschichte und das wollte ich im Fernsehen einmal sichtbar machen“, erklärt er.
Angelegt ist die live aufgezeichnete Show als musikalische Zeitreise, wobei TV- und Radiojournalistin Teresa Vogl sowie Schauspieler und Regisseur Michael Ostrowski als Moderationsduo die Reiseleitung übernehmen. Anhand prägender Songs aus zehn Jahrzehnten und diversen Genres soll die Geschichte des heimischen Hörfunks erzählt werden. Am Programm stehen Hits von Hermann Leopoldi über Leonard Bernstein bis David Bowie und Coldplay - gesungen von Größen wie Wolfgang Ambros, Rainhard Fendrich, Seiler & Speer, Christina Stürmer, Lylit oder dem Opernsänger Daniel Schmutzhard.
Für die Musik selbst sorgt das Radio-Symphonieorchester samt integrierter Big Band und unter der Leitung von Christian Kolonovits. „So hat man das RSO noch nie gehört“, verspricht Traxl, der mit der Produktion nicht zuletzt auch zeigen will, „was für einen wichtigen und tollen Klangkörper wir in diesem Land haben“. Der TV-Kulturchef kündigt außerdem ein „ungewöhnliches Bühnendesign“ inklusive via LED-Wände eingespielter historischer Archivaufnahmen und bunten grafischen Elementen an.
Bei allem Unterhaltungswert sollen aber auch die Schattenseiten der Radiogeschichte nicht ausgespart bleiben - etwa seine Rolle als Propagandamedium im Zweiten Weltkrieg. „Es gab Swing-Nummern, die unter den Nationalsozialisten eigentlich verpönt waren, aber von den Nazis umgetextet wurden, um Amerikaner und Briten zu schmähen“, erklärt Traxl. Ein Beispiel dafür werde auch in der Sendung vorkommen, wobei Lylit das Original und Sigrid Hauser die Neufassung singen werde. Auch das durch Marlene Dietrich weltberühmt gewordene Soldatenlied „Lili Marleen“ wird vorkommen.
Für den TV-Mann Traxl liegt der Reiz des Radios in seiner Direktheit und Unmittelbarkeit. Es sei ein „schnelles Medium mit hoher Glaubwürdigkeit“ und zugleich spreche das vermeintlich Minimalistische, Reduzierte offenbar viele Leute gerade in Zeiten der Bilderflut nach wie vor an. „Man kann einfach nur zuhören, wenn einem jemand etwas erzählt. Und wenn es gut gemacht ist, entstehen die Bilder sofort im Kopf.“ Nicht zuletzt der Erfolg von Podcasts - „das ist ja eine Art komprimierte Version des Hörfunks“ - deute jedenfalls auf eine „weiterhin große Zukunft“ des Radios hin, ist sich der Kulturjournalist sicher.
„Konzentration auf das Wesentliche“
Und was kann sich das Fernsehen vom Radio abschauen? „Tiefgang, Konzentration auf das Wesentliche, auch Mehrstimmigkeit im Sinne unterschiedlicher Zugänge“, antwortet Traxl.
Anlässlich der Inbetriebnahme der RAVAG (Radio-Verkehrs-AG) am 1. Oktober 1924, die zugleich die Geburtsstunde des Hörfunks in Österreich markiert, hat der ORF auf allen Kanälen einen Jubiläumsschwerpunkt ausgerufen. Im Fernsehen stehen neben „100 Jahre Radio - Die Show“ u.a. noch ein Backstage-Special über deren Entstehung samt Interviews mit mitwirkenden Künstlerinnen und Künstlern (Samstag, 0.10 Uhr, ORF 2), das 2017 anlässlich des 50. Sendergeburtstags entstandene filmische Ö1-Porträt „Gehört gesehen“ (20. Oktober, 23.05 Uhr) oder die Doku „Wellen der Zeit“ im kulturMontag (21. Oktober, 23.15 Uhr, ORF 2) am Programm.