Vielleicht um nicht nichts zu sagen, bemühte der ORF-Chef am Dienstag ein Bild, um die Zukunft der in der Kritik stehenden Astro-Show des ORF zu beschreiben: „Die Zukunft steht in den Sternen. Und die Sterne stehen gut.“ Konkreter wollte Roland Weißmann bei der gestrigen Präsentation des ORF-Programms für 2025 auf Fragen von Journalisten nicht werden. Wird „Blick in die Sterne“ abgesetzt oder nicht? Der Küniglberg ließ es offen.
Leitartikel
Seit der Ausstrahlung der ersten Folge der Nachmittagssendung vor einem Monat gingen die Wogen hoch. Ein falsches Einstein-Zitat sorgte für öffentliche Häme, andere sahen die Sendung im Widerspruch zum Bildungsauftrag des ORF. Letzteres kritisierten etwa Professoren des Instituts für Astrophysik, die einen offenen Brief an Stefanie Groiss-Horowitz adressierten. Am Köcheln gehalten wurde das Thema aber auch durch Interna am Küniglberg: Auch die ORF-Wissenschaftsredaktion wandte sich mit der Forderung an die ORF-Programmdirektorin, dass eine Pseudowissenschaft nicht mit Wissenschaft vermengt werden soll – „insbesondere in Zeiten von steigender Wissenschaftsfeindlichkeit und sinkendem Vertrauen in den ORF“.
Format wird „weiterentwickelt“
Aus informierten Kreisen ist zu erfahren, dass das Format derzeit „weiterentwickelt“ werde. Spekulationen einiger Medien, die Absetzung sei beschlossene Sache, will hingegen niemand bestätigen. Die geplante Ausstrahlung der zweiten Sendung mit Astrologin Lori Haberkorn und Moderatorin Sasa Schwarzjirg am 27. Oktober wurde wieder aus dem Programm genommen. Die astronomische Aufregung über das astrologische Thema dürfte durch das Hinauszögern einer Entscheidung durch den ORF noch etwas verlängert werden.
Horoskope sind Fixstern in der Medienlandschaft
Dabei hat der Einfluss der Sterne auf Liebe, Beruf, Gesundheit durchaus Tradition in der österreichischen Medienlandschaft. Das Horoskop gibt in vielen Tageszeitungen den heiteren Tageswegweiser und im Fernsehen stellte die ARD in den 1980ern die „Astro Show“ mit Elizabeth Teissier und Hans Peter Heinzl sogar in die große Samstagabendauslage. Gerda Rogers, bekannteste Astrologin Österreichs, bescherte Ö 3 eine der bekanntesten Sendungen. In mehr als drei Jahrzehnten erreichte sie mit ihren abendlichen Radioberatungen mit Venus, Jupiter und Co. Kultstatus unter Fans. Zu denen offenbar auch die Popband Wanda zu gehören scheint, die der mittlerweile 82-Jährigen ein Lied widmeten, in dem es unter anderem heißt: „Und wir können uns gegenseitig keine Antwort auf das Leben sagen.“ Deswegen: Gerda Rogers fragen.
Astronom Florian Freistetter braucht man damit gleich gar nicht kommen, so etwas wie das tägliche Horoskop zu lesen, liegt ihm fern. Im Gegenteil, der Astronom war einer der ersten Kritiker der „Astro Show“ und das hat mit dem ORF selbst zu tun: „Astrologie ist eine Pseudowissenschaft, Astrologie ist Esoterik und ignoriert die Erkenntnisse der Wissenschaft. In einem öffentlich-rechtlichen Fernsehsender, der einen gesetzlichen Bildungsauftrag hat und per Gesetz der Wissenschaftlichkeit verpflichtet ist, hat das nichts verloren.“
Kritik an Astro-Show
Dass der ORF scheinbar an dem Format festhält, ist für Freistetter ein weiteres Alarmsignal: „Die Reaktion zeigt eindeutig, dass nicht verstanden wurde, worum es hier geht.“ Für den Wissenschaftler, der sich mit seinen „Science Busters“ schon mehrfach mit dem Thema auseinandergesetzt hat, ist die Grenze zwischen Unterhaltung und Lebensbeeinflussung schnell überschritten: „Astrologie ist ein guter Weg, um die Verantwortung für das eigene Handeln abzugeben. Wenn die Sterne dafür verantwortlich sind, dann bin ich selbst nicht dafür verantwortlich.“ Mehr noch, fügt Freistetter an: „Der Weg von der Astrologie etwa zur Pseudomedizin, der ist ganz kurz. Astrologie ist einer von vielen Wegen in die Irrationalität. Ein Weg, den ein Fernsehsender wie der ORF den Menschen nicht extra noch schön herrichten und eröffnen sollte.“