Mit drei deutschsprachigen Produktionen, die bei der ARD bzw. Sat.1 eingekauft wurden, schließt ORF-Programmdirektorin die letzte Fläche im Nachmittagsprogramm von ORF 1, die noch durch US-Serienware belegt war. Was immer wieder zu Kritik seitens der ORF-Stiftungsräte geführt hat – Stichwort: „Ein öffentlich-rechtlicher Sender soll kein Abspielkanal für Hollywood sein!“. Und auch bei den Quoten nicht zielführend war, da das Publikum all diese Serien ohnehin laufend auf Streamingplattformen konsumieren kann. Wo jetzt noch etwa „Monk“ läuft, wird ab 30. September werktags ab 14 Uhr die Krimireihe „WaPo Bodensee“ gezeigt, die die ARD als Familienserie mit Krimi-Anspruch schon seit 2017 ausstrahlt.
Das Ziel von ORF-Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz ist es, „dass wir uns nicht nur am Hauptabend, sondern auch in der Daytime von der amerikanischen Kaufware emanzipieren. Mit deutschsprachigem Programm, das unserem Publikum näher ist“. Breite Familien-Unterhaltung lag bei den neuen Zukäufen im Fokus, mit dem Wegfall von Lizenzen für US-Fiction können 2025 vier Millionen Euro in Eigenproduktionen investiert werden – etwa Dokus und Reality-Formate für die junge Streaming-Zielgruppe (ORF On).
„Den US-Sitcoms hat unter meiner Direktion die letzte Stunde geschlagen“, hatte Groiss-Horowitz bei unserem Interview im Spätfrühjahr angekündigt. So ist im Anschluss an die Bodensee-Krimis um 14.45 Uhr das Quiz „Gefragt – Gejagt“ neu im ORF-Programm. In der ARD ist die Vorabendshow mit Alexander Bommes seit 2015 ein schöner Erfolg mit mehr als 2,5 Millionen Zuschauern. Aus Österreich zappen bis zu 110.000 Seher zu dem spannenden Format, wo ein Team von vier Kandidaten immer gegen einen Profi-Quizzer (den „Jäger“) antritt.
Auf das Quiz folgt gegen 15.40 Uhr „Die Landarztpraxis“, die Sat.1 als Seifenoper mit weißen Kitteln seit letztem Herbst produziert. Wiederholungen von „Soko“-Fällen füllen weiterhin die Fläche bis zu den eigenen Quizshows „Smart10“ und „Q1 – Ein Hinweis ist falsch“. Letztere bekommt, wie berichtet, einen Relaunch ab Jänner 2025. Mit höheren Gewinnmöglichkeiten und mehr Tempo.
Für den Hauptabend von ORF 1 projektiert Groiss-Howoritz für 2025 einen „Austropop Film“ (Arbeitstitel), wie sie dem Programmausschuss des Stiftungsrats neben weiteren Fiction-Ausblicken (etwa der Sechsteiler „113“ über die Folgen eines Busunglücks) ankündigte. Die Austropop-Komödie ist wie ein Jukebox-Musical voller Hits angelegt; die Idee entstand, als ein Biopic über Marianne Mendt dem ORF vorgeschlagen wurde.
Ein Herzenswunsch der 47-Jährigen ist es, in ihrer laufenden Amtszeit (bis Ende 2026) eine Weekly Soap für ORF 1 zu realisieren (quasi eine moderne „Lindenstraße“), nicht nur für eine Steigerung von Streaming-affinem Fiction-Programm. „Weil sie ein Abbild der Bevölkerung ermöglicht. Wir leben in einer Zeit, in der wir ganz viele gesellschaftliche Dinge besprechen müssen. Das kann man wunderbar in Informationssendungen machen, aber eben auch in einer wöchentlichen Serie, die zeitnah zur Ausstrahlung gedreht wird“, erklärt Groiss-Horowitz. Nachsatz: „So etwas wäre ein schönes Gefäß, um gesellschaftliche Strömungen zu besprechen und Zwischenmenschliches zu verhandeln. Eine wöchentliche Serie zu finanzieren, ist kein Spaziergang, aber ich gebe nicht auf!“
Im August legte ORF 1 bei der Reichweite deutlich zu: So konnte in der Gesamtzielgruppe ein Marktanteil von 9,6 Prozent erreicht werden (ein Plus von 2,7 Prozentpunkten gegenüber 2023), bei den 12- bis 49-Jährigen waren es 12,6 Prozent (plus 3,3 Prozentpunkte).