Eineinhalb Jahre hat es gedauert. Nun ist der Bericht der Untersuchungskommission über die Amtszeit des ehemaligen niederösterreichischen ORF-Landesdirektors Robert Ziegler (2021 bis Anfang 2023) zum Teil öffentlich geworden. Der Bericht, der auszugsweise in „Dossier“ erscheint, hat in der Tat Sprengkraft – zeichnet er doch ein düsteres Sittenbild über Zieglers Amtszeit, aber offenbar auch die Zeit davor. So soll Ziegler politisch nicht genehme Beiträge „abgedreht“ oder Änderungen angeordnet haben, wenn ÖVP-Politiker vorkommen wollten. Kritische Beiträge sollen entschärft oder gar untersagt oder verzögert worden sein. In dem Bericht, für den immerhin 50 ORF-Mitarbeiter befragt wurden, ist auch von mangelnder professionellen Distanz zu ÖVP-Politikern wie auch die Herabsetzung, Demütigung und Bloßstellung von Redakteuren die Rede.

Die oftmals enge Verquickung des Personals in den Landesstudios des ORF mit der lokalen Politik ist nicht erst seit diesem Bericht problematisch. Das Dilemma ist eher so alt wie der ORF selbst: Man muss nahezu täglich zusammenarbeiten und kennt sich – mitunter auch zu gut. Ein ritualisiertes Geben und Nehmen ist da kaum zu vermeiden und die professionelle Distanz wird zum täglichen Drahtseilakt. Das hier dargestellte „System Ziegler“ hat diesen Drahtseilakt nicht geschafft, ja es ist sogar ziemlich klar, dass man das auch gar nicht wollte. Dass Ziegler die Usancen nicht selbst erfunden, sondern nur von den Vorgängern übernommen haben will, macht es auch nicht besser.  

Dennoch offenbaren die Praktiken einen hochproblematischen Umgang mit dem Thema, der jede Sensibilität vermissen lässt. Ein Journalist darf sich niemals simultan als Pressesprecher oder gar Aktivist der Politik sehen. Wer das tut, hat nicht nur seine Aufgabe nicht verstanden, sondern untergräbt auch systematisch die Glaubwürdigkeit der Medien an sich. Was gerade im Fall des gebührenfinanzierten ORF fatal ist. Denn für ihn gilt nicht nur ein moralisches, sondern auch ein gesetzliches Objektivitätsgebot. Der Bericht zeigt: Davon scheint hier wohl keine Rede mehr zu sein.

Zudem ist hier auch der Gesetzgeber gefragt. Denn dass die Landeshauptleute immer noch ein „Anhörungsrecht“ bei der Wahl des jeweiligen ORF-Landesdirektors haben, steht – wie das Objektivitätsgebot – auch im ORF-Gesetz. Man darf sich fragen, warum.