Als 1993 die Frauenquote im öffentlichen Dienst eingeführt wurde, fiel auf dem Papier auch das Rundfunkmonopol – durch das Regionalradiogesetz. Dass dann umgehend über die neue Quotenorientierung gestritten wurde, lag aber nicht nur am Widerstand gegen den Feminismus, sondern auch am verzögerten Start für privaten Rundfunk. Der entwickelte sich fast so zäh wie die Geschlechtergerechtigkeit – Radio ab 1998, Fernsehen sogar erst ab 2003.
Doch der öffentlich-rechtliche Monopolist orientierte sich ab 1995 an Erfolgskriterien der seit 1984 sendenden deutschen Privat-TV-Konkurrenz – Reichweiten und Marktanteilen, kurz: Quoten. Im Jahresschnitt hatten ORF 1+2 zusammen schon damals nur noch 62 Prozent vom Publikumskuchen. Doppelt so viel wie heute. Das Quotendenken beherrscht unterdessen die Fachwelt und kümmert die Zuschauer nur in Ausnahmefällen wie Sommergesprächen und Wahlduellen. Die Parteien wachen eifersüchtig darüber, wen mehr gesehen haben. Heuer liegt Herbert Kickl uneinholbar voran. 933.000 Zuschauer ist die sechstbeste Reichweite seit Start der Sommergespräche 1981. Andreas Babler erreicht mit 789.000 immerhin die Top 20. Karl Nehammer könnte ihn aber noch überholen. Wie das? Die endgültigen Quoten werden erst acht Tage nach der Sendung bekannt. Der Kanzler liegt aktuell bei 737.000. Beim FPÖ-Chef kamen durch die finale Datengewichtung 64.000, für den SPÖ-Kontrahenten 43.000 Seher hinzu. In der Aufmerksamkeitsökonomie hat der Regierungschef mit dem letzten Sommergespräch Startvorteil und Imagenachteil. Es ist immer am ersten Schultag in Ostösterreich, doch für die wahre Publikumszahl interessiert sich acht Tage später kaum jemand. Heuer steht dieser Termin aber unter einem technisch noch spezielleren Aspekt. Seit 1. September ist der Teletest 2.0 in Betrieb. Neben dem seit jeher ausgewerteten repräsentativen Panel mit 1670 Haushalten werden nun auch die Daten von 1,1 Millionen TV-Geräten empfangen, die am Internet hängen.
Ein vollständiges Bild des TV-Konsums, der noch zu 94 Prozent über den großen Bildschirm läuft, zeichnet aber auch die neue Methode nicht. Es fehlt das Streaming über Smartphone und Tablet. Dass die Konfrontation Meinl-Reisinger-Kickl mit 716.000 Zuschauern auf Höhe der ersten fünf Blitz-Duelle von 2019 lag (727.000), ist nicht die finale Zahl und wird auch nach endgültiger Gewichtung keine komplette Darstellung sein. Der Bewegtbildkonsum ist noch höher als die Reichweitedaten. Und die Quote – Marktanteil 31 Prozent – ist nicht nur für den ORF okay, sondern ein Ausweis riesigen Politikinteresses.