Kaufe ein Grundstück, baue ein Haus, kassiere Miete. Den Imperativ des Brettspiels Monopoly kanalisiert das Ausschlussverfahren, nur wer am Ende übrig bleibt, erreicht das namensgebende Monopol. Das Spiel ist ein Kind der Wirtschaftskrise 1930er Jahre, erfunden von einem arbeitslosen Heizungsvertreter, der so seinen amerikanischen Traum lebte. So wollte es jahrzehntelang die Mär. Diese falsche, die wahre Geschichte sowie andere Vereinnahmungen erzählt am 29. August eine neue Arte-Doku.

„So wie Musik, Literatur, Filme sind eben auch Spiele Teil dessen, was unsere Kultur prägt und da ist Monopoly die Speerspitze“, verweist der Medienwissenschaftler Martin Thiele-Schwer auf die historische Bedeutung von Spielen. An Monopoly spannend ist nicht nur der immense Erfolg und das seit knapp 90 Jahren, sondern auch seine unterschiedliche Rezeption, abhängig von den sozioökonomischen und politischen Verhältnissen. Das zeigt sich am Beispiel DDR, über deren Grenzen Monopoly heimlich geschmuggelt und wo es heimlich adaptiert wurde: „Du musst wegen eines Honecker-Witzes ins Gefängnis“, war auf Aktionskarten zu lesen.

„Bürokratopoly“ war wie Monopoly ein in der DDR verbotenes Spiel, das die Lebenswelt des Ostens abbildete. Es ging nicht um Geld, sondern um Macht. Ein anderes Beispiel ist die Variante der rechtsextremen terroristischen Vereinigung NSU, die mehre Dutzend Exemplare ihrer nationalsozialistischen Variante verkaufte. Neben den genannten illegalen gibt es unzählige offizielle Produkte: Rund 275 Millionen Monopoly-Packungen wurden in 114 Ländern verkauft, dazu listet der Konzern Hasbro knapp 50 eigene Varianten auf, von der Barbie- bis zum Pizza-Monopoly.

Wenn man sich ansieht, „zu welchen Zeiten welche Spiele entwickelt werden, so bildet das stark den Zeitgeist ab“, erklärt Thiele-Schwer. Als Projektionsfläche eignet sich Monopoly besonders gut, verweist der Spielewissenschaflter Jens Junge auf die Einfachheit: „Das Spiel ist simpel, wenig erklärungsbedürftig. Viele kennen die Mechanismen und Prinzipien der Eigentumsverteilung und des Geldes.“ Zugleich erlaubt das Spiel eine wenig edle charakterliche Kompromisslosigkeit, der Ruin des anderen ist der eigene Gewinn, erklärt Junge: „Ich kann so sein, wie ich echten Leben hoffentlich nicht bin.“

Die Geschichte des Spiels begann mit dem US-Amerikaner Charles Darrow, der „seine“ Idee 1935 an den Konzern Parker Brothers verkaufte, der Monopoly schließlich zum US- und im Nachkriegseuropa zum Welterfolg brachte. Darrows Geschichte fügte sich einwandfrei in die Spielidee: Jeder kann es schaffen, alle haben gleiche Chancen.

Wenig Freude damit hatte Ralph Anspach. Der Grund: Der amerikanische Ökonomieprofessor war kein Fan von Monopolen, und war überzeugt, diese würden den idealen Kapitalismus verhindern. Er erfand deswegen „Anti-Monopoly“ mit dem Spielziel, bestehende Stahl- und Ölmonopole zu zerschlagen. Daraufhin klagte der Monopoly-Konzern auf Urheberrechtsverletzung, ein Vorgehen, das nach hinten losging: Nach einem jahrelangen Rechtsstreit konnte Anspach nachweisen, dass Darrow nicht der Erfinder von Monopoly war, sondern das Spiel auf die Feministin und Autorin Elizabeth Magie (1866-1948) zurückging.

Magie hatte vor 120 Jahren „The Landlord’s Game“ erfunden, ein sozialkritisches Spiel mit klarer ökonomischer Botschaft und in zwei Varianten. Einerseits die klassische Monopoly-Variante, andererseits eine Antithese zum kapitalistischen Prinzip, in der die Mieteinnahmen an den Staat gehen, der damit den Wohlstand hebt. Alle sollten profitieren. Man möchte spekulieren: Dass sich diese Variante nicht durchsetzte, hätte Magie noch weit mehr gewurmt, als dass sie nie die entsprechenden Lorbeeren für ihre Monopoly-Idee einfahren konnte.

Monopoly – Spiel ohne Erbarmen, Arte, Donnerstag um, 29. August, 20.15 Uhr