Puls 4 hat den Reigen der „Sommergespräche“ eröffnet. Meinrad Knapp empfing dazu Vizekanzler Werner Kogler. Wenige Stunden davor sagte die FPÖ den Auftritt von Herbert Kickl ab. Für die Sendergruppe wiederholt sich damit ihre blaue Verschmähung vom Vorjahr, als sie statt Hitze-Talk herbstliche Bürgerforen anbot.
Die Begründung wirkt diesmal allerdings harmoniebedürftiger: Das sei „einzig dem Vorhaben geschuldet, den TV-Wahlkampf kurz und kompakt zu halten.“ 2023 wurde noch argumentiert: „Bei Puls 24 handelt es sich auch um einen linken Sender.“
Die neue Sanftheit könnte einer veränderten Umfragesituation geschuldet sein: Damals lag die Partei über 30 Prozent, ÖVP und SPÖ bei 24 und 21. Letzteres gilt für beide auch heute. Doch die FPÖ rangiert nur noch bei 27.
Zwei Monate vor der Nationalratswahl scheint eine rhetorische Zügelung der Angriffigkeit gegen mögliche Auftrittsflächen opportun. Zumal der ORF als ein Hauptgegner längst feststeht. Bei den unter 50-Jährigen hat die ProSiebenSat.1-Gruppe rund um Puls 4 insgesamt mehr Marktanteil als er.
Die Absage entspringt dennoch purem Quotenkalkül. Kogler sahen 40.000 live auf Puls 4. FPÖ TV hat 210.000 Abonnenten auf YouTube. Das „Sommergespräch“ mit Martin Thür am 19. August wird Kickl nicht absagen. Denn in den 43 Jahren dieser von Peter Rabl erfundenen ORF-Sendereihe war er nach Sebastian Kurz, Heinz Christian Strache und Christian Kern der bisher stärkste Publikumsmagnet.
Puls 4 bringt dennoch den aktuell stärksten Pfeffer ins Polit-Talk-Spiel. Es hat Dominik Wlazny alias Marco Pogo als Ersatzmann eingeladen. Begründung: Alle Umfragen sehen seine Bierpartei über der Vierprozenthürde fürs Hohe Haus. Pikant ist daran, dass der ORF mit ähnlicher Argumentation 2019 die Grünen zu den Wahl-Konfrontationen bat, obwohl sie nicht mehr im Nationalrat waren.
Schon mit den dort vertretenen Listen wird es unmöglich, alle Duell-Wünsche mit Spitzenkandidaten zu besetzen. Zu viele Sender wollen das. Es überstrapaziert jeden Terminkalender. Dennoch wird der Druck auf den ORF wachsen, Bierpartei und allenfalls andere einzuladen.
Dass die aktuellen Top 5 mit ihnen nicht diskutieren wollen, ist auch klar. Doch je weniger öffentlich-rechtlichen Raum die Kleinen kriegen, desto mehr private Nischen entstehen für sie. Falls sich Spitzenkandidaten im ORF vertreten lassen, nutzt das ebenfalls dessen Konkurrenz. Das Format „Jeder gegen Jeden“ gelangt spätestens mit einem Sechs-Parteien-Nationalrat an seine Grenzen. Laut allen Umfragen also nach dieser Wahl.