Ära; ein großes Wort, oft leichtfertig verschenkt. Wer es auf Miroslav Nemec und seinen TV-Kompagnon Udo Wachtveitl anwendet, darf es aber sorgenlos tun. Seit 33 Jahren prägen sie als Ivo und Franz im Münchner „Tatort“ deutsche Fernsehgeschichte. Allerdings mit Ablaufdatum: 2026 ist endgültig Schluss, das wurde heuer bekannt. Man gönnt den Veteranen einen langsamen Abschied. Am Ende werde es 100 Folgen gewesen sein. Eine Ära.
Das gesetzliche Pensionsalter hat Nemec längst erreicht. Nun ist er 70, fad werden wird ihm auch in seiner tatortfreien Zukunft nicht. „Wir sind auch nicht Keith Richards und Mick Jagger, die mit 80 noch arbeiten müssen“, sagte er trocken. Der Verweis auf die Rock-Altstars ist nicht zufällig: Musik war der Sehnsuchtsort des jungen Nemec und die Musik ist der eigentliche rote Faden in seinem Leben, mehr noch als die Schauspielerei. In Salzburg studierte er als ambitionierter Pianist am Mozarteum, mehr durch Zufall denn aus Kalkül landet er an der Schauspielakademie in Zürich: Er war seiner damaligen Freundin gefolgt und hatte sich beworben, „ohne, dass ich groß darüber nachgedacht habe“.
Die Musik seiner Kindheit, sie klingt noch heute nach: „Wir waren sehr arm, hatten weder Fernseher noch Radio, keine Instrumente. Aber wir haben immer gesungen“, erzählt er einmal dem Bayerischen Rundfunk. An seine Jugend erinnert sich der in Zagreb geborene Schauspieler gerne zurück. Seine Mutter kam von der Insel Krk, weshalb er dort viel Zeit verbrachte. Mit zwölf Jahren gelangte er über einen Familienzweig nach Freilassing in Bayern. In seinen Teenagerjahren geriet sein Leben in prägende Widersprüche: Zwischen dem neuen Leben bei seiner Großtante und dem Heimweh, das ihn mit seinen Eltern verband. Alte und neue Heimat, zugleich nah und fern.
Angekommen ist er erst später. Privat mit seiner Langzeitfreundin, die er 2013 heiratete. Im Jahr davor war er ein zweites Mal Vater geworden. Ruhe geben wird er auch nach seiner „Tatort“-Ära nicht, darauf lässt nicht nur eine Aussage seiner ehemaligen Lebensgefährtin, der Schauspielerin Rita Russek, in der ARD-Reihe „Lebenslinien“ schließen: „Er spürt sich selbst am besten, wenn er gefordert ist.“ Möglich auch, dass er die freigewordene Zeit für neue Buchprojekte nutzt. Zwei Krimis hat er schon geschrieben, in denen er nicht ohne Selbstironie selbst zum Ermittler wird. Ein wenig mehr Kriminalgeschichte wird Miroslav Nemec also womöglich noch schreiben.