La Strada“, die Straße, sie führte das gleichnamige Festival weit hinaus aus der Stadt bis auf den höchsten Gipfel der Steiermark. Der Dachstein war das Ziel und doch nur Anlass für eine Auseinandersetzung, die weit über den Noch-Gletscher hinausreichte und den Dialog in den Mittelpunkt stellte. Jenen zwischen Kunst und Wissenschaft, vor allem aber lokalen Organisationen und der Bevölkerung. Knapp zehn Jahre nachdem das Projekt in den Plänen von La Strada-Intendant Werner Schrempf zu keimen begann, werden heuer am und rund um den Dachstein die Früchte geerntet.
Sein Basislager hat diese Erntezeit vom Projekt „Signal am Dachstein“ im Schloss Trautenfels aufgeschlagen. Dort korrespondieren die Motive aus der Mythologie an der Decke des Marmorsaals mit der Erhabenheit des künstlerischen Ausdrucks der sphärischen Dachstein-Landschaftsoper; oder zumindest mit deren Übersetzung in einen Ausstellungsraum. Gezeigt wird in Videoprojektionen bis 3. November jenes Projekt, das vom niederländischen Künstlerduo Strijbos & Van Rijswijk 2021 umgesetzt wurde.
Fünf Künstler und Künstlerinnen im Mittelpunkt
Je fünf Metalplatten zum Schwingen bringende Xciter-Lautsprecher und Bildschirme bauen im Marmorsaal dieses optische und akustische Ereignis als Surrounderlebnis nach. Dazu runden Filmporträts zu den fünf in der Region verwurzelten „Signal am Dachstein“-Künstlern Marie-Theres Härtel, Christoph Huber, Katharina Pfennich, Christoph Szalay und Stefanie Weberhofer und ihren Mentoren – von Musiker Ernst Huber bis Barbara Frischmuth – die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Kultur- und Naturraum, zwischen Tradition und (Klima-)Wandel ab.
Ausgangspunkt des Projekts ist gewesen, „dass man sich selbst überzeugen musste, eine künstlerische Arbeit an so einem sensiblen Ort zu machen“, erinnert sich Schrempf zurück: „Es war von vornherein klar, dass das kein Event sein sollte.“
Um das mehrjährige Projekt vorzubereiten, das weit in die lokalen Strukturen hineinreichen sollte, bedurfte es unzähliger Gespräch, auch um Vorurteile abzubauen: „Meine persönliche Leidenschaft in solchen Projekten ist, dass man nicht immer nur wissen soll, was die anderen falsch machen, sonst sich auch Zeit nehmen soll, um anderen zuzuhören.“
„Das hat leider dem Projekt nicht gutgetan“
Wermutstropfen von „Signal am Dachstein“ war eine Causa um einen kurzfristigen negativen Bescheid der oberösterreichischen Naturschutzbehörde. Später hob das Landesverwaltungsgericht den Bescheid auf, übrig blieb eine Strafe wegen einer fehlenden Bewilligung. „Das hat leider dem Projekt nicht gutgetan, weil es von der Schönheit abgelenkt hat“, bedauert Schrempf rückblickend diese Konstellation.
Die Ergebnisse ihrer Auseinandersetzungen mit der Region präsentieren die fünf oben genannten Künstler und Künstlerinnen bis November, den Anfang machte am Wochenende die Komponistin und Musikerin Marie-Theres Härtel mit der Uraufführung ihrer Komposition „Dachsteinklang“ in der Türlwandhütte am Fuße des höchsten Berges der Steiermark. Ergänzt wurde der Auftakt mit einer lebhaften Diskussion am Podium zum Klimawandel.
Einer der Diskutanten war Ex-ÖSV-Skifahrer Julian Schütter, der als Klimaaktivist den Skiverband aufzurütteln versuchte und aktuell bei der „Letzten Generation“ aktiv ist: „Mir tut‘s mehr weh, wenn ich daheim nicht den Spiegel schauen kann, als dass ich einmal a Tetschn krieg.“ Anders im Ton, aber ähnlich in der Botschaft der Meteorologe Albert Sudy: „Es gibt für uns nur diesen einen Heimatplaneten.“
Was kommt nach „Signal am Dachstein?“ „La Strada wird weiterhin Projekte machen, die über mehrere Jahre in Regionen stattfinden“, stellt Schrempf fest. Eine Idee beginne sich gerade zu entwickeln und könnte, dem Dachstein-Projekt nicht unverwandt, um das Thema Grenzen zwischen Natur und Zivilisation kreisen, verrät er.
Und die Straße? Zu der kehrt La Strada natürlich auch noch zurück. Von 26. Juli bis 4. August wird in und um Graz wieder das zelebriert, was immer schon mehr als nur Straßentheater war.