Die erste Live-Show aus Malmö ist geschlagen. Das Opening mit dem Dancebreak-Medley der ESC-Legenden Eleni Foureira (Platz zwei für Zypern 2018), Eric Saade (Platz drei für Schweden 2011) und Chanel (Platz drei für Spanien 2022) wies den Weg, wohin es heuer geht. Und legte zugleich die Messlatte bei Tanz-Choreografien hoch. Zehn Länder schafften den Aufstieg ins Finale (11. Mai); wer welchen Platz erreichen konnte, wird erst kurz nach dem Finale in der Nacht auf Sonntag verlautbart, um die Televoter nicht zu beeinflussen. So wurden die Top zehn also in „beliebiger“ Reihenfolge aufgerufen. Ein Wiedersehen gibt es mit:
- Serbien
- Portugal
- Slowenien
- Ukraine
- Litauen
- Finnland
- Zypern
- Kroatien
- Irland
- Luxemburg
Was fiel bei den Auftritten besonders auf? Die Ukraine schaffte den perfekten Spagat zwischen spannender Bühnenatmosphäre und Video-Ästhetik. Da war man den ganzen Song am Bildschirm dran. Eine Inszenierung für die Götter. Wenn Jerry Heil im luftigen Gewand mit ihren langen wehenden Haaren wie eine antike Göttin eine golden erleuchtete Rampe hoch wandelte und dazu ein funkelnder Sternenregen einsetzte, dann herrschte Gänsehaut-Alarm. Im Rap-Teil des Songs lag der Fokus dann ganz auf Alyona Alyona. Erst zum Schluss fanden die beiden Künstlerinnen zusammen: ein fantastisch aussehendes Abschlussbild, indem sie mit einer virtuellen Menge liegender Frauen verschmolzen.
Beim Briten Olly Alexander indes, der den Großteil von „Dizzy“ in einer Box mit Fitnessstudio-Atmosphäre performte, wusste der Zuschauer nicht, ob ein vorbereiteter Videoclip oder eine Live-Darbietung gesendet wird. Erst im letzten Drittel des Songs wurde die Malmö-Arena spürbar. Als fixer Finalist trat er außer Konkurrenz im ersten Halbfinale auf. Hier ein Rückblick auf schöne, besondere und gruselige Momente.
Eröffnen durfte das Bewerberfeld Silia Kapsis für Zypern, mit 17 eine der Jüngsten beim ESC 2024. Die Popnummer „Liar“ reiht sich stilistisch in viele zypriotische Beiträge der letzten Jahre ein. Die in Australien lebende Silia wirbelte sportlich in Weiß gekleidet mit ihren vier Tänzern umher und versprühte viel Energie. Stimmlich kam sie jedoch an ihr tänzerisches Niveau nicht heran. Da ist sie in dieser ESC-Woche allerdings nicht die Einzige!
Mit Serbien und Künstlerin Teya Dora folgte das krasse Gegenteil: intim und reduziert. Durch Nebelwolken hindurch auf einem Felsen sang sie ihre etwas düstere Pop-Ballade über die Ramonda-Blume, die in Serbien ein Symbol für den Waffenstillstand im Ersten Weltkrieg ist. Wohltuend ruhig bei all dem noch folgenden Getöse. Am Ende erblühte natürlich eine virtuelle Romanda-Blume. Dann wurde es spooky und gruselig.
Denn so etwas gab es beim ESC noch nie: Exorzismus auf der Bühne! Bambie Thug aus Irland schillerte und verstörte zugleich mit ihrem wilden Mix aus Goth-Rock und Candy-Pop. Im Satans-Look performte sie in einem Kreis aus Kerzen und schmiedete einen Pakt mit ihrem diabolischen Tänzer. „Doomsday Blue“ steigerte sich bis zum Exzess. Selbst ein Kostümwechsel durfte nicht fehlen. Das Spektakel endete mit dem Aufruf „Crown the Witch“.
Favorit Baby Lasagna aus Kroatien wurde mit „Rim Tim Tagi Dim“ gefeiert: Wird die Geschichte des Songs am kommenden Samstag wahr? Ein junger Mann, der auf der Suche nach einem besseren Leben seine Heimat Istrien verlässt – und damit den ESC erobert? Baby Lasagna sagte bei seinem Auftritt bildlich Ciao zu Mama und Katze und wusste auch die folkloristische Elemente seiner Nummer für ein begeistertes Publikum umzusetzen. Spätestens bei den ikonischen Arm-Hebe-Moves des 28-Jährigen rasten die Fans in der Malmö-Arena bei diesem Mitgröl-Rocksong restlos aus.
Islands Hera Björk war zum zweiten Mal dabei. Diesmal mit einem Disco-Retro-Song. Nicht wirklich innovativ, aber etwas für Nostalgiker.
Slowenien nahm sich des Schicksals der Grafengattin Veronika Deseniska an, die im Mittelalter als Hexe ertränkt wurde. Die 27-jährige Mezzosopranistin Raiven lag zu Beginn ihres originellen, für manche Zuschauer womöglich sperrigen Pop-Opera-Songs scheinbar nackt in einer Wasserfläche. Ihr schlammfarbener Body, der die Figur mehr betonte als verdeckte, und ihre langen blonden Haare ließen sie wie eine aus dem Wasser entstiegene mystische Nixe wirken, die von spärlich bekleideten Tänzern umgarnt wurde. Ein Auftritt, der im Gedächtnis blieb.
Moldau liebt seine ESC-Rückkehrer. Nach Sunstroke Project, Zdob Si Zdub und Pasha Parfeni kehrte nun auch die 44-jährige Natalia Barbu zum Song Contest zurück. Mit ihrem Lieblingsinstrument, der Geige. In einem hoch geschlitzten weißen Gewand glich sie einer griechischen Priesterin, überzeugte stimmlich, aber ansonsten passierte nicht viel.
Australien beschwor mit „One Milkali“ und der charismatische Aborigine Zaachariaha Fielding den Traum von einer Welt, in der alle vereint sind. Da durfte bei der Inszenierung ein Didgeridoo spielender Aborigine nicht fehlen.
Mit Startnummer 15 beschloss Luxemburg das erste Halbfinale 2024: Mit Tali und „Fighter“ kehrte nach 31-jähriger Pause das Großherzogtum zurück zum Grand Prix. Die 23-jährige Tali Golergant hatte einen französisch-englischen Popsong „Fighter“ im Gepäck. Bei „Fighter“ gab es viel Nebel und Feuer und gefährliche Raubkatzen auf den LED-Screens, die erfolgreich bekämpft wurden.
Das zweite Halbfinale mit Österreichs Kaleen am Start wird am 9. Mai ab 21 Uhr live aus Malmö in ORF 1 übertragen.
Mitarbeit: Marc Gehring, Malmö