Was ein Mann so alles tut: Er liest, isst, trinkt, geht spazieren, schaut, fährt mit dem Zug, redet, fälscht, mordet. Die meiste Zeit der neuen Netflix-Serie sieht man dem von der amerikanischen Thrillerautorin Patricia Highsmith ersonnenen Thomas Ripley zu. Ein junger Amerikaner, der sich mit kleinen Gaunereien über Wasser hält, bis ein New Yorker Werfteigner ihn engagiert, den abtrünnigen Sohn in Italien aufzuspüren. Ripley war ein längst vergessener Jugendfreund von Dickie, der im schönen Europa das Stiftungs-Vermögen durchbringt. Thomas Ripley findet ihn, freundet sich mit ihm an und als der Millionär dieser Freundschaft überdrüssig wird (wie schon so vielen Dingen zuvor), wird Ripley zum Mörder. Und nur die Sonne ist dabei Zeuge.
Und natürlich die Zuseher, die gebannt Tom Ripleys Taten verfolgen: Minutiös, bis in die kleinsten Details werden diese geschildert. Tom ist talentiert, aber noch kein Meister: Aus den vielen kleinen Fehlern, die er bei seinen Verbrechen begeht, bezieht die Serie ihre Spannung. Und natürlich aus der Atmosphäre aus latenter Homosexualtät, und dem leicht abgerockten Prunk des Nachkriegsitalien, der in herrlich kunstvollen, ja extrem ästhetisierten Schwarz-Weiß-Bildern eingefangen ist. Dazu wenig Dialog und enorm viel Aufmerksamkeit für Gesten und Gesichter.
Serienmacher Stephen Zaillian gehört zur Elite von Hollywoods Drehbuchautoren (“The Irishman“, „American Gangster“) Mit dem viel zu wenig beachteten „The Night of“ hat er schon einmal ein Serien-Meisterwerk vorgelegt. Nun nimmt er sich der berühmten Figur an, es ist zu vermuten, dass er alle fünf Ripley-Romane von Highsmith in Serienform bringen möchte. Das wäre ein Fest. Denn getragen wird dies alles von einem umwerfenden Andrew Scott in der Hauptrolle, der Ripley als empathielosen Emporkömmling an der Grenze zum Psychopathen anlegt und in dessen Gesicht die ganze Geschichte erzählt wird. Es ist der Triumph eines Schauspielers in einer ohnehin großartigen Produktion. ●●●●●