Mit einer Schummelei begann vor knapp 35 Jahren sein steiler Aufstieg: Als 18-Jähriger bewarb sich Robert Kratky bei Radio Salzburg; dass er tatsächlich erst 16 Jahre jung war, verschwieg der Schulabbrecher seinem Kurzzeitarbeitgeber. „Ich habe mir einfach keine großen Gedanken gemacht“, sagte er später darüber. Konsequenzen hatte die Notlüge keine: Über das Ö 3-Jugendmagazin „ZickZack“ gelangte Kratky schnell in die Radio-Königsklasse, den Ö 3-„Wecker“. Sein Traum, Kriegsberichterstatter zu werden, blieb unerfüllt.
Heute ist der 50-Jährige mit 443.894,39 Euro Jahressalär oder 1213 Euro pro Tag der bestverdienende ORF-Mann. Auffetten lässt er sich sein Gehalt laut ORF-Transparenzbericht durch diverse Nebenbeschäftigungen (8500 Euro monatlich). Die entsprechenden Schlagzeilen hätte sich der Kremser gerne erspart: Hassnachrichten habe er deswegen bekommen, Drohungen ebenso. Er ist in der Defensive, Interviews gibt der sonst so Wortgewandte, der mit 14 einen Landesredewettbewerb gewann, aktuell keine.
Der 440.000-Mann am Frühstückstisch
Auch wenn Robert Kratky das Wort „Cashcow“ nicht schätzt, genau das ist Ö 3 für den ORF. Am meisten Cash bringt der Ö 3-„Wecker“, dieser Morgenbegleiter, mit 1,7 Millionen Hörern die erfolgreichste Radiosendung des Landes. Auf Ohrenhöhe beim Autofahren in die Arbeit oder vorher am Frühstückstisch. So fühlte sich Kratky wohl. Dass seine Stimme aus dem Radio derart fürstlich entlohnt wird, konterkariert nun die Intimität dieses morgendlichen Arrangements. Wie nachhaltig die Verstimmung ist, wird sich bald zeigen.
Vorgänger und Lehrer
Vorgänger Hary Raithofer wagte schon vor 20 Jahren den Abflug, überließ Kratky das Studio und lebte seinen eigentlichen Traumberuf, jenen als Pilot. Bis dahin war Raithofer Star einer auf ihn zugeschnittenen Sendung am Zenit ihrer Bedeutung. Kratky agierte damals in der Rolle des Producers und Ersatzmoderators mit kreativem Talent: Radiophänomene wie der „Vignettenman“ oder die „Wecker-Combo“ entsprangen dem Pingpong der beiden Radiomänner. 2004 zog Raithofer einen Schlussstrich, „ich war müde“, begründete er seinen plötzlichen Abgang.
Ob auch Kratky müde ist, bleibt vorerst offen. Anders als sein professionelles Sendungsbewusstsein vermuten ließe, behält er Privates meist für sich. Letztere Prämisse weichte der passionierte Motorradfahrer und Fallschirmspringer zuletzt auf: Er sprach über Hochs und Tiefs in seinem Leben, auch Burn-out und Depressionen waren darunter. Zum 50er wartete er im Vorjahr mit der Ankündigung auf, seinen bis 2026 laufenden Vertrag nicht verlängern zu wollen. Seit dieser Woche weiß Österreich, auf welche Beträge er durch seinen Abschied verzichten würde.