Bei der heutigen ORF-Publikumsratsitzung war auch die Aufgabe des ORF hinsichtlich der Förderung der österreichischen Identität Thema. Eine präsentierte Umfrage, an der rund 1.000 Personen im Oktober und November des Vorjahres teilnahmen, zeigt, dass sich hier die Befragten vor allem mehr Programm zu den Themen „Natur, Landschaft“ (61 Prozent) „Land, Leute“ (59 Prozent) und „Handwerk, Traditionen und Bräuche“ (58 Prozent) erhoffen. Dass österreichische Sprache und Dialekt wichtig im ORF-Programm sind, dem stimmen 72 Prozent sehr oder eher zu.

Im Bereich der Kunst- und Kulturberichterstattung treten die Umfrageteilnehmer für mehr Angebot für Kinder und Jugendliche (43 Prozent), Kultur aus den Bundesländern (35 Prozent) und internationale Kulturberichterstattung (29 Prozent) ein. Mehr Hochkultur wollen dagegen nur 17 Prozent der Befragten im ORF-Programm. Generell zeigen sich 43 Prozent sehr oder ziemlich an der Kunst und Kultur in den Medien interessiert, wobei Leute unter 30 Jahren mit 51 Prozent überdurchschnittliches Interesse an den Themenbereichen zeigen. Besonders gefragt sind Musik- und Konzertübertragungen, Kabarett und Filme sowie Serien. Überschaubar ist das Interesse für Tanz-Sendungen bzw. -Übertragungen. Mit der ORF-Kulturberichterstattung sind 43 Prozent sehr oder eher zufrieden. Unter 30-Jährige sind dabei überzeugter (58 Prozent) als über 50-Jährige (39 Prozent).

Ein weiterer Programmpunkt war die Nutzung von ORF.at. Die ist auch nach der gesetzlichen Umstellung, die eine Limitierung der Textbeiträge und Aufstockung von Video und Audio brachte, „stabil“. Das sagte ORF-Finanzdirektorin Eva Schindlauer in einer Sitzung des ORF-Publikumsrats am Donnerstag. Das neue Videoangebot auf der meistbesuchten Nachrichtenseite des Landes werde „sehr, sehr gut“ genutzt.

Nach der Umstellung mit 1. Jänner gab es Rätselraten darüber, wie sich die Veränderungen auf der „blauen Seite“ mit Blick auf die Zugriffszahlen niedergeschlagen haben. Denn die Zahlen zu ORF.at werden seit kurzem nicht mehr im Rahmen der Österreichischen Webanalyse (ÖWA) ausgewiesen. Grund dafür ist, dass der ORF bei seinen Nutzerinnen und Nutzern nicht die Zustimmung für die Setzung und Verarbeitung von ÖWA-Cookies einholen will, die der Trägerverein der ÖWA ab Jänner verbindlich vorgeschrieben hat. Schindlauer, die in der Sitzung den erkrankten ORF-Chef Roland Weißmann vertrat, versicherte nun, dass die neu gestaltete Seite vom Publikum „geschätzt“ werde und ein Mehrwert geschaffen worden sei.

Insgesamt betrachtet stieg die Streamingnutzung beim ORF an. So verzeichneten die Nettoviews von Jänner 2023 auf Jänner 2024 ein Wachstum in Höhe von 44 Prozent. Den Großteil der 17,1 Millionen Nettoviews (Jänner 2024) verbuchten die ORF-TVthek und die neue Streamingplattform ORF ON (55 Prozent).

ORF ON, das etwa mit längeren Abrufzeiten von Sendungen aufwartet, werde nach wie vor sukzessive ausgebaut und erst im Laufe des Jahres mit seiner Vollversion abrufbar sein. „Aber wir sehen schon, wie erfolgreich dieses Produkt genutzt wird“, so Schindlauer. Dass vielen im Publikum der Unterschied von ORF ON zur ORF-TVthek noch nicht klar sei, sei nachvollziehbar. Es handle sich um einen fließenden Übergang, man wolle die Leute „langsam hinführen“ und eine stärkere Kommunikation erst am Ende oder nach der Übergangsphase starten.

Der ORF-Publikumsrat Matthias Karmasin merkte an, dass die Suchmaschinenoptimierung für ORF ON noch ausbaufähig sei. Sucht man im Internet nach der Plattform, wären die Ergebnisse nicht optimal, führten teils gar zur Konkurrenz. Publikumsrat Andreas Kratschmar regte wiederum eine Erratum-Seite im Sinne einer verbesserten Fehlerkultur im ORF an. „Wir fürchten uns nicht vor Fehlern, wir nehmen sie an und schildern sie aus, um besser zu werden“, meinte dazu Schindlauer und betonte, dass der Geschäftsführung eine transparente Fehlerkultur sehr wichtig sei.

Zwei Empfehlungen an die ORF-Geschäftsführung

Mit so manchem Problem bei der ORF-Gebührenumstellung auf eine Haushaltsabgabe konfrontiert, sagte Schindlauer, dass es sich um „eine Herkulesaufgabe“ für die OBS (früher GIS) handle, die täglich 10.000 Schreiben pro Tag verschicke. Das sei auch für die Post eine Herausforderung. Natürlich würde hier so mancher Fehler passieren. „Wir gehen all diesen Dingen nach und probieren bestmöglich für jeden Zahler da zu sein“, so die ORF-Finanzdirektorin.

Der ORF-Publikumsrat beschloss in der Sitzung zwei Empfehlungen an die ORF-Geschäftsführung. Im Bereich Inklusion regten die Rätinnen und Räte an, dass der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) beim Ausbau barrierefreier Angebote forciert werden solle. Auch sollen Journalistinnen und Journalisten mit einer Behinderung verstärkt in den ORF-Redaktionen arbeiten und gestalten können. Denn wie Erfahrungen anderer Sender zeigen, wirke sich ihr Blick auf die Welt wesentlich auf die Gestaltung aus und erzeuge neue Medienbilder, hieß es. Außerdem verändere sich dadurch die Einstellung der Kolleginnen und Kollegen ohne Behinderung zum Thema.

Im Gesundheitsbereich empfahl das ORF-Gremium etwa eine strenge Orientierung an einschlägiger wissenschaftlicher Evidenz und eine bessere Abstimmung mit anderen Akteuren im Gesundheitswesen. Die Thematisierung von Gesundheit dürfe zudem nicht nur auf der „Vernunftschiene“ erfolgen, sondern müsse auch auf die „Lust-“ und „Lifestyleschiene“ abzielen. Nicht zuletzt wird eine erhöhte Sensibilität in der Darstellung und im Umgang mit dem Thema Alkohol empfohlen.