Neo-ORF-Stiftungsrat Peter Westenthaler hat nach eigenem Bekunden „viel zu tun“. Zur ersten Sitzung des Stiftungsrates mit ihm als auf Vorschlag der FPÖ entsandten Mitglied rückte der ehemalige FPÖ-Politiker mit einem eigenen Kamerateam an. In einem Live-Einstieg vom Küniglberg wurden die Zuseher von oe24 von den Erschütterungen, die der ORF nun zu erwarten habe, aus erster Hand informiert. Immerhin hatte Westenthaler die vergangenen Tage genutzt, um öffentlich keinen Hehl aus den „Missständen“ zu machen, die er im ORF ortet. Der sei eine „Propagandaorgel“ gegen die FPÖ, war da etwa zu hören.
Und so hatte Westenthaler schon im Vorfeld angekündigt, mit einer „langen Liste“ in die Sitzung zu kommen. Ganz oben: Der ORF-Generaldirektor solle die soeben eingeführte ORF-Haushaltsabgabe mit der Regierung „nachverhandeln“. Was insofern kurios anmutet, als ORF-Chef Roland Weißmann die vergangenen Jahre intensiv für die Einführung der zur Finanzierung des ORF nötigen Abgabe gekämpft hatte. Abschaffen könnte sie ohnehin nur der Nationalrat. Ein Versuch Westenthalers, einen Antrag zur Haushaltsabgabe einzubringen, scheiterte daher offenbar.
Neue Dienstanweisung
Dennoch gab es ein dominierendes Thema zu besprechen, das ohnehin im Sinne der FPÖ ist. ORF-Chef Weißmann berichtete über die Ergebnisse der Kommission, die einen neuen „ORF-Ethikkodex“ erarbeiten sollte. Das Resultat dieser Arbeit wird Weißmann Ende März als Dienstanweisung an alle ORF-Mitarbeiter senden, womit es verbindlich wird. Zentrale Punkte: Der Anschein von politischer Befangenheit muss unbedingt vermieden werden – auch und vor allem auf den sozialen Medien. Tenor: Man könne nicht tagsüber online politische Grundsatzdebatten führen und abends im Fernsehen den Anschein von Neutralität erwecken, hieß es. Zudem soll es eine klare Regelung für Nebenbeschäftigungen von ORF-Mitarbeitern geben. Stiftungsräte berichten im Gespräch mit der Kleinen Zeitung von Fällen, in denen ORF-Mitarbeiter mit Nebenjobs wie Moderationen oder als Autoren ihr Gehalt verdoppelt hätten.
„Ein Schritt in Richtung mehr Klarheit“ sah Stiftungsratsvorsitzender Lothar Lockl die Neuregelung, die derzeit intern kommuniziert wird. Sie sei nicht nur für das Publikum wichtig, sondern auch für die Mitarbeiter. „Man muss wissen, was erlaubt ist und was nicht“, so Lockl. ORF-Generaldirektor Weißmann sprach in Hinblick auf den Ethikkodex von einem „Pakt mit dem Publikum“. Er werde „Rechte, aber auch Pflichten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“ festschreiben. Man habe die fünf Empfehlungen der Ethikkommission übernommen und diese in eine finale Form gegossen. Die Regeln gelten nicht nur für Angestellte des Hauses, sondern auch für Menschen, die mit dem ORF in Verbindung gebracht werden – aber etwa gegen Honorar tätig sind.
ÖVP-Fraktionschef Thomas Zach sah in den neuen Regelungen einen „Wendepunkt für die Akzeptanz beim Publikum“. Es müsse schon allein „der Anschein von Unvereinbarkeit vermieden werden“. SP-Fraktionschef Heinz Lederer gehen die Pläne noch nicht weit genug. Die Nebentätigkeiten müssten „dramatisch sinken“, verlangte Lederer und forderte klarere Regelungen statt einer „Bibel-Exegese“.
Bernhard Baumgartner