Sandige Dünenplaneten, auf denen sich wundersame Organismen räkeln. Empfindsame Androiden, die sich auf die Seite des Friedens stellen. Aufständische Zivilisten im Kampf gegen ein faschistoides Weltraumimperium. Na, klingelt‘s schon? In den ersten Minuten von „Rebel Moon“ kann gut der Eindruck entstehen, man hätte versehentlich die neueste „Star Wars“-Episode angemacht. Regisseur Zack Snyder mit Plagiatsvorwürfen zu konfrontieren, wäre jedoch falsch. Denn eigentlich war die nagelneue Space-Opera des ehemaligen DC-Gurus („Man of Steel“, „Batman vs. Superman“) tatsächlich für die weit, weit entfernte Galaxie vorgesehen. Zumindest war das Snyders Hoffnung, als er Lucasfilm kurz nach der Disney-Übernahme im Jahr 2012 seine düstere Version der Sternenkriege vorschlug. Das Angebot wurde dankend abgelehnt.
Wenn man also schon nicht Teil eines existierenden Sci-Fi-Universums sein kann, schafft man sich eben sein eigenes. In Partnerschaft mit Netflix will Snyder „Rebel Moon“ in den nächsten Jahren zum erfolgreichen Franchise ausbauen – mehrere Fortsetzungen, Comicbücher und animierte Ableger sind in Planung. Für eine neue Publikumsgeneration soll es die ultimative Weltraumsaga werden. Gemessen an der Qualität des ersten Teils, dem der Beititel „Kind des Feuers“ angehängt wurde, sollte man seine Ambitionen aber vielleicht noch einmal überdenken. Denn Lust auf mehr kommt hier wenig auf.
Starker Auftakt, danach viel Leerlauf
Enttäuschend ist das vor allem, weil alles recht vielversprechend beginnt. Die millitärische Schreckensherrschaft der Motherworld, Snyders dunkler Seite der Macht, fährt ihre Krallen quer über die gesamte Galaxis aus. Auch die Bewohner der bauerndorfähnlichen Mondkolonie Veldt fürchten die Ankunft der Tyrannen. Als der sinistre Admiral Noble (Ed Skrein) den Bewohnern des Gebiets ein Ultimatum stellt, droht der Alptraum zur Realität zu werden. Die junge Kriegerin Kora (Sofia Boutella: ein seltener Lichtblick), ehemals selbst Mitglied des boshaften Imperiums, will die barbarische Knechtschaft nicht dulden. Unter der Regentschaft des Ex-Generals Titus (Djimon Hounsou) ruft sie ein Team von hartgesottenen Rebellen zusammen. Die Allianz wächst Mitglied um Mitglied – modelliert wurde sie nach dem Vorbild von Akira Kurosawas „Die Sieben Samurai“, an dem sich einst auch George Lucas orientiert hatte. Als charismatischer Space-Söldner, quasi Snyders Gegenentwurf zum „Star Wars“-Bruchpiloten Han Solo, macht Charlie Hunnam („Sons of Anarchy“) eine gute Figur.
Dass die Weltraumoper trotz interessanter Ansätze zunehmend an Fahrt verliert, ist der puzzlehaften Dramaturgie geschuldet. Zu zerstückelt, ja geradezu ziellos, wird die intergalaktische Aufstandsgeschichte erzählt. Visueller Einfallsreichtum hilft da nur bedingt. Die unvollkommen wirkende Erzählung wird wahrscheinlich kein Zufall sein, steht ja schon ein ausgedehnter Director‘s Cut bevor, der inhaltliche Lücken füllen soll. Snyder kennt sich jedenfalls bestens aus mit alternativen Schnittfassungen - seine Version von „Justice League“ hat vor wenigen Jahren einen Online-Hype sondergleichen ausgelöst. Der wütende Fanmob hat damals seinen Willen erfolgreich durchgesetzt. Mit der Vermarktung von „Rebel Moon“ wirkt es so, als würde Netflix das Hashtag-Phänomen #releasethesnydercut nun künstlich nachahmen wollen. Zuerst wird die unfertige Fassung veröffentlicht, Monate später dann die „bessere“. Ob das ein kluger Schachzug ist, sei einmal dahingestellt. Neue Jünger wird der Snyder-Kult mit dieser Strategie jedenfalls keine anwerben können.
Christian Pogatetz