Zweimal hat er schon ein Comeback als Gastgeber des großen Samstagabend-Lagerfeuers gefeiert (nämlich 1994 und 2021), doch nun – mit 73 Jahren – hat Thomas Gottschalk selbst festgestellt, dass er an diesem Format des Fernseh-Paläozoikums nicht mehr festhalten sollte.. „Das Kuschelige ist weg. Der Samstagabend vor dem Fernseher, wo sich die ganze Familie getroffen hat, existiert nicht mehr“, erklärte der gebürtige Bamberger diese Woche in einem Interview mit der „Bild“-Zeitung. Wobei er „keine Bitternis“ spüre, sein „Geschäftsbereich“ habe sich schlicht erledigt.
Als „Wetten, dass . .?“ seine TV-Premiere feierte, schrieben wir 1981. Ronald Reagan wurde Präsident der USA. Prinz Charles ehelichte Diana. Und MTV ging auf Sendung. Auch als Gottschalk im Herbst 1987 von Erfinder Frank Elstner übernahm, war es noch lange eine Sensation, wenn ein Weltstar wie Michael Jackson oder Madonna ihren ersten Live-Auftritt im deutschsprachigen Fernsehen hatten. In den 1980er-Jahren kam die Show auf noch durchschnittlich 20 Millionen Zuschauer. Der Quoten-Niedergang von „Wetten, dass . . ?“ hatte allerdings schon vor dem Einstieg des zu steifen Markus Lanz im Oktober 2012 begonnen. Denn bereits 2008 lockte der Entertainment-Dampfer, auf dem viel Sinnloses und Abwegiges zur Unterhaltung geadelt wurde, erstmals weniger als zehn Millionen Menschen an. 2009 gestand der große Blonde bereits vor Publikum, dass er „ein bisschen die Nase voll habe, ewig dieser berühmten jugendlichen Zielgruppe hinterherzulaufen“.
Geschwätzige Show-Legende
Was bleibt nun von der schlagfertigen, launigen und geschwätzigen Show-Legende? Seine lockere Art, der freche Spruch und sein Mut zu waghalsigen modischen Versuchen (oft sehr bunt und glänzend) machten ihn lange – neben Günther Jauch – zum beliebtesten Moderator Deutschlands. Und man hatte den Eindruck, dass er sich selbst nie zu ernst und wichtig nahm. Dass er nicht an Moderationskarten klebte, sondern meist aus der Hüfte feuern konnte, machte ihn zum Aushängeschild und Vorbild für TV-Entertainment, das Klein und Groß konsumieren kann. Als einen „Conférencier der Wohligkeit“ bezeichnete ihn einmal ein Schweizer TV-Blatt. Als er 2021 auf die Wettbühne zurückkam, wärmte das Nostalgie-Gefühl kurz, aber eben nur kurz die Herzen. Oder wie es Gottschalk selbst auf positive Art ausdrückt: „Die Zeiten ändern sich und ich habe die besten erlebt.“
Manche schalteten vor allem wegen der Star-Gäste ein, andere fieberten mit den Wettkandidaten mit. Ein Klassiker: Rudolf Künzler und sein Team wetten, dass sie einen LKW auf vier Biergläser stellen können (1981). Oder Ralf Rabung wettet, dass er mit seinem Bagger in vier Minuten fünf Basketbälle in den Korb werfen kann (2009). Mitunter wurde es allerdings haarsträubend oder grauslich: Tim Vetter wettet, dass er einen Hundenapf schneller ausschlabbern kann als sein Labrador Lucky (2007). Und mit der Buntstift-Wette hatte die Sendung 1988 ihren Betrugsskandal.
Heute soll der Wettspaß also ein Ende haben. Zumindest mit Thomas Gottschalk. Das ZDF hält sich nämlich noch bedeckt, ob es das Format ins Archiv befördert oder doch mit neuen Gastgebern und einem Relaunch 2025 fortsetzt. Einen Titel kann der Sendung niemand mehr nehmen: die größte und älteste Samstagabendshow Europas.