Unkundige können da jetzt bitte nicht mitreden. Sie mögen kurz innehalten oder weiterblättern. Kärntnerlieder sind, wenn sie sauber und mehrstimmig dargebracht werden, kein Ausdruck unkontrollierter Gemütsschwere, sondern vertonter Existenzialismus, Bob Dylan auf Kärntnerisch oder Slowenisch, mit gedehnten Vokalen, anmutig gestreckt wie die Teigmembran für die Käsnudeln, bevor sie ausgeschnitten und auf die innere Handschale gelegt werden. Kärntnerlieder machen wehrlos und reißen die Seele auf. Wer sich ihrer würdig erweist, wird erkennen, dass es darin um alles geht, um Liebe und Tod, Eros und Thanatos, um eine Melancholie, die auf keine Seelenkrankheit verweist, sondern vom tiefen und stillen Wissen um die Vergänglichkeit herrührt. Der Nachsommer am See ist der sakrale Ort, an dem diese zu besichtigen ist. Nur die Ruder vom Ruderklub Nautilus hört man nicht mehr „schlagen“ wie bei Mittergradnegger, sie tauchen, wenn die Wiener fort sind, lautlos ins Wasser. Die Stellvertreter-Klagen des Vogels im Rohr aber, wenn sich die Dämmerung über das Schilf legt, die behalten ihre Gültigkeit. Klänge für die Ewigkeit.