Wenn sie uns Kinder „Hallo” sagen hörte, bemerkte meine Großmutter immer etwas ärgerlich: „Der Hallo ist schon g‘storben”. Sie konnte nicht ahnen, dass einige Jahrzehnte später das Hallo ubiquitär und zu einem allgemeinen Gruß werden würde. Unterdessen werde auch ich, älter als meine Großmutter geworden, ärgerlich, wenn ich auf einem Spaziergang im Wald mit „Hallo“ gegrüßt werde. Das Hallo ist natürlich praktisch, man kann es zu einem Kind genauso sagen wie zu seiner Großmutter. Es erspart einem die Mühe, zu unterscheiden, mit wem man es zu tun hat, aber es ist meistens bar jeder Herzlichkeit und beliebig bis zur Unhöflichkeit.

1945, nach dem Krieg, war der Sozialist Reinhard Machold für ein paar Monate provisorischer Landeshauptmann der Steiermark. Seine erste Rede im Radio an die Landsleute begann er so: „Ich begrüße Euch mit einem steirischen Grüß Gott.” Macholds Partei hat das später zu einem „Grüß Sie” zerquetscht. Grüß Gott ist der übliche Gruß in Österreich zwischen Bodensee und Neusiedlersee. Und zwar nicht nur am Land, wie man annehmen möchte, weil dort vielleicht rückständige Menschen wohnen, die atavistischen Bräuchen anhängen, sondern auch in der Stadt. Wien ist eine Hochburg des „Grüß Gott“. Man hört es nicht nur von der Billa-Verkäuferin mit Migrationshintergrund, sondern quer durch alle Bevölkerungsschichten.

Bei Ämtern und Firmen wird man am Telefon und von den Tonbändern heutzutage mit Guten Tag begrüßt. Meistens tönt einem aber schon bei der ersten Nebenstelle das vertraute „Grüß Gott“ entgegen. Warum ist das so? Möchte man die Atheisten vor der Zumutung bewahren, den Namen Gottes ausgesprochen zu hören? Oder welche politische Korrektheit könnte es sonst sein?

Die Steirer und Kärntner sollten es sich jedenfalls weder von Firmen-Tonbändern noch vom geradezu obsessiven Guten Tag des ORF abgewöhnen lassen.