Obstkorb, flexible Arbeitszeiten, Gratiskaffee und Grippeimpfung? Eh nett. Um neue Mitarbeiter zu gewinnen beziehungsweise gutes – und entsprechend nachgefragtes - Personal halten zu können, müssen sich Unternehmen aber längst mehr einfallen lassen als der Kollektivvertrag und schmalspurige Incentives bieten. Den Grund liefert die Demografie: Die Serie geburtenschwacher Jahrgänge reißt eine wachsende Lücke in den Arbeitskräftemarkt. Daran ändern auch die gegenwärtigen konjunkturellen Verwerfungen und periodische Zuwanderungswellen wenig. Um wettbewerbstauglich zu bleiben, brauchen Unternehmen – weiterhin und tendenziell zunehmend - qualifizierte und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Um sie zu bekommen und längerfristig zu binden, locken Firmen mit einer breiten und bunten Palette an Anreizen, Geld- oder Sachleistungen, die nicht nur sämtliche Nischen des unmittelbaren Arbeitsalltags behübschen, sondern auch weit in die individuelle Freizeit hineinwirken können. So bietet das im Bereich Nahrungsergänzungsmittel und Darmgesundheit tätige Grazer Unternehmen Allergosan neben Erste-Hilfe-Kursen, Klimaticket und kostenlosen hauseigenen Produkten unter anderem auch wöchentliche Yoga-Einheiten und Konga-Fitness-Workouts, Schwimmkurse sowie Lauf- und Fußballrunden.
Althergebrachte Ansichten radikal überdenken
Auch im Wellnesshotel Höflehner in Haus im Ennstal unterstützt man die sportlichen Ambitionen der Belegschaft und offeriert einen kostenlosen Ski- und E-Bike-Verleih und nimmt gemeinsam an Laufveranstaltungen teil. Im Zuge des Mitarbeiterprogramms „Fex“ gibt es zudem Kinoabende, Spa-Nights und E-Autos zum Ausborgen. „Es reicht nicht mehr, nur Jobinserate und eine coole Kampagne zu launchen, um die besten Köpfe anzuziehen“, ist Hotelier Gerhard Höflehner überzeugt. Vielmehr gelte es, die althergebrachte Ansicht, „es werden sich schon genügend Menschen bei uns bewerben“, radikal zu überdenken.
Denn auch der Arbeitsmarkt hat sich radikal geändert: Nicht mehr die Arbeitgeber haben die Qual der großen Auswahl, sondern Arbeitnehmer suchen sich ihren Jobanbieter aus. Bei Personalverantwortlichen hat sich als strategischer Kompass daher ein Kürzel etabliert: Es gilt, die „EVP“ – die „Employer Value Proposition“, also das Nutzen- und Wertversprechen des Arbeitgebers an seine Mitarbeitenden - herauszuarbeiten.
Bei Knapp hat man das schon früh erkannt. „Wir bieten unseren Mitarbeitenden unterschiedliche Benefits wie Gesundheits- und Bildungsprogramme, Gewinnbeteiligungen und Mitarbeiterevents, um die Bindung zum Unternehmen zu stärken“, erklärt Ingo Spoerk, Vice President Human Resources, das Motiv dahinter. Der im Bereich Lagerlogistik und Lagerautomation weltweit führende Technologiekonzern mit Hauptsitz in Hart bei Graz hat 7200 Mitarbeiter, 4000 davon in Graz. Sie werden umfassend betreut und bespaßt: betriebseigener Kindergarten, breite Menüauswahl im unternehmenseigenen Restaurant, Ladestationen für Elektroautos, Ernährungsberatung, ein eigenes Gesundheitsprogramm und Gesundheitszentrum, dazu fachliche Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten an der unternehmenseigenen KnappAcademy. Dabei profitiert man von der eigenen Internationalität. „Berufliche Weiterbildung ist bei uns auch in unseren Niederlassungen im Ausland möglich“, unterstreicht Vorstand Christian Grabner.
Klaus Höfler